Seit Oktober 2012 verhandeln die kolumbianische Regierung und die Guerilla der Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC) über eine Beilegung des bewaffneten Konflikts. Der Verhandlungsansatz ist ein wichtiger Schritt, jedoch ist die Beseitigung der strukturellen Konfliktursachen eine langfristige gesamtgesellschaftliche Herausforderung.
Bewaffneter Konflikt und bisherige Verhandlungsansätze
Ab Mitte der 1960er Jahre entstanden in Kolumbien Guerilla-Gruppen. Die heute bedeutendsten sind die Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens, FARC (Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia, ca. 7.800 Kämpfer_innen) und der ELN (Nationales Befreiungsheer, Ejército de Liberación Nacional, ca. 1.500-3.000 Kämpfer_innen).
Die Hauptgründe ihrer Entstehung waren:
- die extrem ungerechte Verteilung von Land,
- die geringen Möglichkeiten der politischen Teilhabe, ohne dass diese zur eigenen Gefährdung führt und
- mangelnde rechtsstaatliche Garantien, Straflosigkeit, gewaltsame Vertreibung und Übergriffe durch staatliche Sicherheitskräfte.
Inzwischen finanziert sich die Guerilla zu großen Teilen über Drogenhandel und Entführungen. Dies steht ebenso wie die Rekrutierung Minderjähriger in eklatantem Widerspruch zur weiterhin gepflegten sozialrevolutionären Rhetorik.
Verschiedene Regierungen haben seit den 1980er Jahren Verhandlungsprozesse mit Guerilla-Gruppen aufgenommen – mit unterschiedlichen Reichweiten. Ergebnisse gab es 1990 im Falle des M192 oder 1991 mit dem Quintín Lame und dem EPL (Ejército Popular de Liberación). Sie konnten nach der Waffenabgabe u.a. Delegierte zur Verfassungsgebenden Versammlung entsenden.
Andere Verhandlungsprozesse wurden ergebnislos abgebrochen. Die Verhandlungen von Präsident Pastrana mit den FARC scheiterten im Jahr 2002 nach jahrelangen Gesprächen, ohne auch nur eine Einigung über die Inhalte der Agenda zu erzielen.
Auch mit den rechten paramilitärischen Gruppen wurde verhandelt. Diese Gruppen, die verstärkt seit den 1980er Jahren auftraten und eine gewaltsame Umverteilung von Land zu Lasten von Kleinbäuer_innen betrieben haben, agierten vielfach mit Unterstützung oder Duldung staatlicher Kräfte. Im Rahmen des Demobilisierungsprozesses mit den rechtsgerichteten paramilitärischen Vereinigten Selbstverteidigungsgruppen (Autodefensas Unidas de Colombia – AUC) unter Präsident Uribe wurde seit 2003 zwar ihre partielle Demobilisierung erreicht, deren Strukturen jedoch nicht tatsächlich aufgelöst. Die Rechte der Opfer auf Wahrheit, Gerechtigkeit und Entschädigung wurden unzureichend berücksichtigt.
Im aktuellen Verhandlungsprozess unter Präsident Santos mit den FARC sollen Lehren aus vergangenen Prozessen gezogen werden. Die Begrenzung der Verhandlungen in Havanna auf einen kleinen Kreis sowie die Begleitung durch Norwegen, Kuba, Chile und Venezuela haben sich bisher als förderlich erwiesen.
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