Erklärung der Zweiten Internationalen Konferenz über Menschenrechte in Kolumbien

Europäisches Parlament, Brüssel, 17 und 18. April 2007 OIDH-ACO Das internationale Menschenrechtsbüro – Aktion Kolumbien , „Oficina Internacional de Derechos Humanos – Acción Colombia“ (OIDH-ACO) und Die Koordination kolumbianischer Menschenrechtsorganisationen „Coordinación Colombia-Europa-Estdos Unidos“ Mit der Unterstützung der Abgeordneten im Europäischen Parlament Jens HOLM (VEL/NGL) Raúl ROMEVA (Grüne/FEA) Richard Howitt (SPE) Josu ORTUONDO LARREA (ALDE) Erklären: […]

Europäisches Parlament, Brüssel, 17 und 18. April 2007

OIDH-ACO

Das internationale Menschenrechtsbüro – Aktion Kolumbien , „Oficina Internacional de Derechos Humanos – Acción Colombia“ (OIDH-ACO)
und Die Koordination kolumbianischer Menschenrechtsorganisationen „Coordinación Colombia-Europa-Estdos Unidos“

Mit der Unterstützung der Abgeordneten im Europäischen Parlament

Jens HOLM (VEL/NGL)
Raúl ROMEVA (Grüne/FEA)
Richard Howitt (SPE)
Josu ORTUONDO LARREA (ALDE)

Erklären:

Zwölf Jahre nach der ersten Internationalen Konferenz stellen wir mit großer Besorgnis fest, dass die Krise der Menschenrechte in Kolumbien immer noch eine der weltweit tiefgreifendsten ist. Die fortgesetzten schweren, massiven und systematischen Menschenrechtsverletzungen und ihre Straflosigkeit kosten nicht nur menschliches Leben, sondern behindern auch die Verwirklichung des sozialen Rechtsstaats, hemmen ernsthaft den Aufbau einer demokratischen Regierungsform und erschweren die Überwindung der sozialen Ungleichheit und Ausgrenzung. Weiterhin verschärft der anhaltende bewaffnete interne Konflikt die Menschenrechtskrise, da vor allem die Zivilbevölkerung davon betroffen ist. Darüber hinaus stellt der Paramilitarismus eine große Bedrohung für die Demokratie in Kolumbien dar.

Alle bewaffneten Gruppen sind für schwere Verletzungen des humanitären Völkerrechts verantwortlich. Insbesondere begehen sie weiterhin Entführungen. Die schweren Verbrechen, die von staatlichen Bediensteten, Paramilitärs und Guerilla verübt werden, bleiben fast vollständig straflos. Des weiteren fördern die staatlichen Maßnahmen die Straflosigkeit, anstatt sie zu bekämpfen. Dies trifft insbesondere auf den Prozess zwischen der Regierung und den paramilitärischen Gruppen zu. Die Paramilitärs sind Nutznießer eines Rechtsrahmens, der jene internationalen Standards nicht erfüllt, mit denen die Rechte der Opfer auf Wahrheit, Gerechtigkeit und Entschädigung geschützt und umgesetzt werden sollen.

In jüngster Zeit haben Skandale gezeigt, dass die Paramilitarisierung der kolumbianischen Gesellschaft und einiger Institutionen zunimmt. Es wird immer offensichtlicher, dass die historischen Verbindungen zwischen staatlichen Bediensteten und Paramilitärs den Staat bis auf die höchste Ebene beeinflussen. Die paramilitärischen Strukturen, die direkt für die Vertreibung von Millionen von KolumbianerInnen von ihrem Land verantwortlich sind, halten ihre militärische Kontrolle über einige Regionen aufrecht und haben ihren politischen Einfluss ausgeweitet. Sie kontrollieren weiterhin eine Reihe bedeutender wirtschaftlicher Aktivitäten und sind nach wie vor Nutznießer des Besitzes, den sie sich mittels bewaffneter Aktionen angeeignet haben.

Wir sind davon überzeugt, dass die Verwirklichung der Demokratie in Kolumbien direkt verbunden ist mit der Umsetzung der Menschenrechte, einer politischen Verhandlungslösung des internen bewaffneten Konflikts, der Stärkung eines sozialen Rechtsstaats und dem Erreichen sozialer Gerechtigkeit. In diesem Sinne fordern wir die kolumbianische Regierung und die internationale Gemeinschaft auf, folgende Forderungen zu erfüllen:

1. Die kolumbianische Regierung soll alle geeigneten Maßnahmen ergreifen, um die militärischen, politischen und wirtschaftlichen Strukturen des Paramilitarismus genauso effektiv aufzulösen, wie auch seine Verbindungen mit öffentlichen Bediensteten, Beamten der öffentlichen Sicherheitskräfte und -institutionen. Weiterhin muss sie das Urteil des Verfassungsgerichts zur Umsetzung des Gesetzes 975 von 2005 in vollem Umfang umsetzen. Die internationale Gemeinschaft soll darüber wachen, dass diese Verpflichtungen umgesetzt werden.

2. Eine politische Verhandlungslösung ist der beste Weg, um den internen bewaffneten Konflikt zu beenden. Wir fordern die Regierung und den ELN (Guerillagruppe Nationales Befreiungsheer) auf, in ihren Bemühungen zur Schaffung der Bedingungen für eine politische Verhandlung voranzuschreiten. Alle bewaffneten Gruppen sollen weitere Entführungen unterlassen. Wir ermutigen die Regierung und die FARC-EP-Guerilla, ohne weitere Verzögerungen und Vorbedingungen ein humanitäres Abkommen zu unterzeichnen. Die Fortsetzung der Unterstützung dieser Initiativen durch die internationale Gemeinschaft ist von grundlegender Bedeutung.

3. Die kolumbianische Regierung soll die Rechte auf Wahrheit, Gerechtigkeit und Entschädigung für alle Opfer garantieren. Die internationale Gemeinschaft soll die Initiativen der Opfer zur Sicherung ihrer Rechte begleiten und entschieden unterstützen. Auch soll sie die kolumbianische Zivilgesellschaft bei ihren Bemühungen um die Entwicklung eines abgestimmten Nationalen Aktionsplans für Menschenrechte und Humanitäres Völkerrecht mit der kolumbianischen Staat zu unterstützen.

4. Während der kommenden Wahlen ist die kolumbianische Regierung verpflichtet, die Ausübung von Opposition zu garantieren und den Einfluss der Paramilitärs auf den Wahlkampf zu verhindern. Die Europäische Union soll den Wahlprozess (Wahlkampf und Wahl) durch eine Beobachtungsmission beaufsichtigen und die Präsenz weiterer internationaler Missionen unterstützen.

5. Vor dem Hintergrund der Nicht-Erfüllung der internationalen Menschenrechtsverpflichtungen durch den kolumbianischen Staat soll die EU das bestehende Zollpräferenzabkommen überprüfenund ihre Handelsverträge mit der kolumbianischen Regierunghinsichtlich der Einhaltung und Umsetzung der Menschenrechte in ihrer Gesamtheit konditionieren. In jedem Falle kann die Zivilgesellschaft in die Verhandlungen dieser Verträge einbezogen werden.

6. Die kolumbianische Regierung sollte die Empfehlungen umsetzen, die von zwischenstaatlichen Menschenrechtsinstanzen in den letzten Jahren ausgesprochen wurden.. Die internationale Gemeinschaft soll das Weiterbestehen und die volle Umsetzung des integralen Mandats des Büros des Hochkommissariates der Vereinten Nationen für Menschenrechte in Kolumbien garantieren. Weiterhin sollte der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen die Menschenrechtssituation in Kolumbien mindestens ein Mal im Jahr untersuchen und eine Orientierung für die kolumbianische Regierung geben, die sie zur Überwindung der Menschenrechtskrise verpflichtet.

7. Wir erklären unser Engagement für die Weiterentwicklung und Konsolidierung der Demokratie in Kolumbien. In diesem Sinne fordern wir die kolumbianische Regierung auf, die Rechte der MenschenrechtsverteidigerInnen zu respektieren und zu garantieren, Garantien für die politische Opposition zu gewährleisten und die Gewerkschaftsrechte zu respektieren. Die internationale Gemeinschaft sollte die Umsetzung dieser Verpflichtungen einfordern und sich für die demokratischen Grundrechte einsetzen.

Brüssel, den 18 April 2007

Übersetzung: kolko, Misereor