Die Bergbaubehörde ANM hat immer noch nicht entschieden, ob es die Titelrückgabe von Prodeco akzeptiert. Derweil haben Oppositionspolitiker den Druck auf die Behörden und Unternehmen erhöht. Es gibt leichte Hoffnungen, dass die Umsiedlung von El Hatillo weitergeht. Boquerón hingegen wird nicht umgesiedelt und mit einem Entwicklungsplan abgespiesen.
Kritische Sicht der kolumbianischen Zivilgesellschaft versucht sich in Genf Gehör zu verschaffen
Jedes Jahr im März findet in Genf die Session des UNO-Menschenrechtsrates statt, an dem über Menschenrechte und deren Einhaltung auf der ganzen Welt debattiert wird. Sonderberichterstatter tragen Abscheulichkeiten auf diplomatische Weise vor, VertreterInnen von Betroffenen versuchen an sogenannten Side Events die ganze Tragweite der Tragödien sichtbar zu machen und Regierungsabgeordnete hören zu und machen Notizen, um dann in den ihnen zur Verfügung gestellten zwei Minuten vorsichtig formulierte Handlungsempfehlungen abzugeben. Doch trotz viel diplomatischem Bärentanz können gewisse Worte, von den richtigen Personen geäussert, viel Gewicht haben und von den angeklagten Regierungen, so auch immer wieder Kolumbien, durchaus auch ernst genommen werden.
Glencore Prodeco will die Bergbaukonzessionen an den Staat zurückgeben und sich aus Kolumbien zurückziehen
Am 4. Februar kündigte Prodeco an, dass es die Bergbautitel an den kolumbianischen Staat zurückgeben wolle, das heisst den Kohleabbau beende. Grund dafür sei die mangelnde Rentabilität des Geschäfts. Prodeco hatte im Juli 2020 bei der nationalen Bergbaubehörde beantragt, die Kohlegewinnung für bis zu vier Jahre unterbrechen zu dürfen, um nicht wertvolle Kohle unter Verlust abbauen zu müssen. Als dieses Gesuch erstinstanzlich abgelehnt wurde, hatte Prodeco in der Beschwerde angedroht, dass sie bei erneuter Ablehnung die Bergbaukonzessionen allenfalls zurückgeben müsse.
Weitere Proteste und grosse Unsicherheit bezüglich der Umsiedlung von El Hatillo
Die Umsiedlung der Gemeinschaft El Hatillo hat immer wieder an einem seidenen Faden gehangen, da die Finanzierung durch die drei Unternehmen wiederholt unsicher war. Am 21. Oktober 2020 führte die Gemeinschaft El Hatillo eine Protestaktion durch, in dem sie die Zugsstrecke blockierte. Von staatlicher Seite gibt es bisher keine Lösung, wie der blockierte Umsiedlungsprozess wieder fortgesetzt werden könnte. Da auch im Januar keine Lösung in Sicht war, kam es am 3. Februar 2021 zu einem Protestmarsch der Gemeinschaft von El Hatillo in La Loma, mit dem sie vor allem an den Staat appellierten, sich für eine Lösung einzusetzen.
Wasserverschmutzung und Bleibelastung im Tota-See
Um den bei Touristen beliebten Lago de Tota ist ein Streit um eine vermutete Bleibelastung entbrannt. Nachdem die Generalstaatsanwaltschaft öffentlich machte, dass die Bleibelastung die Grenzwerte um bis das 95-fache übersteigen, hat die Verwaltungsaufsicht für Umweltbelange – unterstützt von Umweltorganisationen und einem Teil der Bewohner – eine Grundrechtsklage eingereicht, um die zuständigen Stellen zum Handeln zu zwingen. Die zuständige regionale Umweltbehörde Corpoboyacá scheint jedoch mehr die Gemeindeverwaltungen und die Wirtschaftsinteressen denn die Umwelt zu schützen.
Weder Koka noch Dissidenzen tragen die alleinige Verantwortung
Fast jede Woche wurden letztes Jahr ehemalige FARC Mitglieder beerdigt. Seit Unterzeichnung des Friedensabkommens 2016 bis Ende 2020 wurden 250 Ex-FARC KämpferInnen ermordet. Die Morde haben auch nicht aufgehört, nachdem eine Delegation von Ex-FARC Mitgliedern nach Bogotá marschiert ist, um mit Duque über ihre Sicherheit zu diskutieren. Die Regierung sucht die Schuld gerne beim Kokaanbau bzw. Drogenhandel sowie Auseinandersetzungen mit dissidenten Gruppen. Laut einer Reportage von Cerosetenta braucht es aber eine genauere Analyse der Situation, um die Ursachen für die Mordwelle genau zu verstehen.
Hohe Manager von Drummond angeklagt, Paramilitärs finanziert zu haben
Der jetzige sowie der frühere Präsident der kolumbianischen Tochterfirma des US-Amerikanischen Kohleunternehmens Drummond werden von der kolumbianischen Justiz beschuldigt, Komplizen bei schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen gewesen zu sein. Die Generalstaatsanwaltschaft wirft dem jetzigen Präsidenten José Miguel Linares und dem früheren Präsidenten Augusto Jiménez in der Anklageschrift vom 17. Dezember 2020 vor, die paramilitärischen Vereinigten Selbstverteidigungskräfte AUC zwischen 1996 und 2001 unterstützt und finanziert zu haben. Bei den Tatvorwürfen handelt es sich um Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die nach kolumbianischem Recht nicht der Verjährung unterstehen.
Eingabe beim Schweizer Nationalen Kontaktpunkt der OECD gegen Glencore
Heute Dienstag, 19. Januar 2021 werden bei den Nationalen Kontaktpunkten der OECD in Australien, England, Irland und der Schweiz „Klagen“ gegen Glencore, Anglo American und BHP Billiton sowie gegen den irischen Energiekonzern ESB und das Handelsunternehmen CMC eingereicht. Eingereicht wird die Klage vom irischen Global Legal Action Network GLAN, in Allianz mit kolumbianischen NGOs wie das Volksbildungsinstitut CINEP und das Anwaltskollektiv CAJAR. Weitere europäische NGO wie ABColombia, Christian Aid Irland und die Arbeitsgruppe Schweiz Kolumbien ask! unterstützen die Eingabe ebenfalls.
Soziale Führungspersonen erneut unter Beschuss
Stunden, nachdem die Justiz die sofortige Freilassung der drei in der vergangenen Woche festgenommenen sozialen Führer verfügte, sprach einer von ihnen mit VerdadAbierta.com und erläuterte einige der von der Staatsanwaltschaft gegen ihn vorgebrachten Argumente und beharrte auf seiner Unschuld.
Drogenbekämpfung: Wiederaufnahme der Sprühflüge mit Glyphosat weiterhin umstritten
Im Dezember 2019 hat die kolumbianische Regierung das Dekret zur Wiederaufnahme der Sprühflüge mit Glyphosat veröffentlicht. Dieses und der Umweltmanagementplan müssen in öffentlichen Anhörungen mit der betroffenen Bevölkerung debattiert werden. Diese Anhörung war wegen Covid19 drei Mal verschoben worden, weil virtuell die Teilnahme der Bevölkerung nicht garantiert werden konnte. Am 19. Dezember 2020 wurde die Anhörung trotz massiver Kritik der sozialen Bewegungen durchgeführt, mit fragwürdigem Ergebnis.
Streik bei Cerrejón nach 91 Tagen beigelegt, Zukunft der Kohlemine bleibt aber ungewiss
In der Nacht vom 30. November 2020 haben Sintracarbón und Cerrejón nach 91 Tagen Streik einen neuen Gesamtarbeitsvertrag (GAV) unterzeichnet. Damit geht der längste Streik in der Geschichte von Cerrejón zu Ende. Dank dem entschlossenen Widerstand und internationaler Unterstützung ist es der Gewerkschaft gelungen, die bisherigen Vorteile zu halten. Fast gleichzeitig kündigten die drei Shareholder von Cerrejón, Glencore, BHP und Anglo American, an, bis 2023 ihre Anteile an Cerrejón verkaufen zu wollen.
Menschenrechte 2021
Die Herausforderungen im Menschenrechtsbereich sind im Jahr 2021 für Kolumbien enorm. Die eine ist es, die Ermordung von MenschenrechtsverteidigerInnen, sozialen Führungspersonen, FriedensaktivistInnen und ehemaligen KämpferInnen zu verhindern. Die Kolumbianische Juristenkommission hat vom 1. Januar bis 7. Dezember dieses Jahres 293 Morde an Führungspersonen und MenschenrechtsverteidigerInnen registriert, das heisst im Durchschnitt fast eine Person pro Tag.
Vom Versuch, der Abholzung Einhalt zu gebieten
Gibt es Hofnung für Kolumbiens Wälder? Die Untersuchungsbehörden gehen gegen untätige Politiker und Beamte vor und die Regierung präsentiert einen Plan, wie sie zu Netto Null Abholzung 2030 gelangen will.
Warum Freiwilligkeit bei menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht nicht genügt
„Mein Mann bewirtschaftete einen Bauernhof, wir lebten dort mit unseren 6 Kindern, dem Bruder meines Mannes und mehreren seiner Söhne. Um halb fünf Uhr morgens am 8. September 2000 traf eine Gruppe bewaffneter Männer auf dem Bauernhof ein. Die Männer waren bereits bei der Arbeit und mit dem Melken beschäftigt. Die bewaffneten Männer versammelten alle Männer auf dem Bauernhof und ermordeten sie. An diesem Tag verlor ich meinen Mann und zwei Söhne. Mein Schwager und drei seiner Söhne wurden ebenfalls getötet.“
Vier Jahre seit der Unterzeichnung des kolumbianischen Friedensabkommens: Verschlechterung der humanitären Situation und Stagnierung des Umsetzungsprozesses
Am 24. November jährt sich die Unterzeichnung des Friedensabkommens zwischen der kolumbianischen Regierung und den FARC im Teatro Colón in Bogotá zum vierten Mal. Die Unterzeichnung sollte einen 52 Jahre dauernden Konflikt beenden, der mehr als 8 Millionen Opfer hinterlassen hat. Das Abkommen war das Resultat einer vierjährigen Diskussion und beinhaltet Massnahmen um die strukturellen Ursachen des Konfliktes zu lösen und somit seine Wiederholung zu verhindern. Nach den ersten vier Jahren der Umsetzung ziehen wir eine Bilanz.