Vor etwas mehr als einem Jahr wurde das Friedensabkommen zwischen FARC und Regierung geschlossen. Nach dem gescheiterten Referendum setzte der Kongress schliesslich den nachverhandelten Friedensvertrag vor elf Monaten in Kraft. Das vorläufige Fazit von Menschenrechtsorganisationen und sozialen Bewegungen ist klar: insbesondere die Umsetzung des Friedensabkommen durch den kolumbianischen Staat ist bisher ungenügend. Viele Gesetzesentwürfe wurden zwar in Angriff genommen, wirklich vollendet wurde bis jetzt nur die Entwaffnung und Demobilisierung der ehemaligen FARC-KämpferInnen. Auf diese wartet nun eine ungewisse Zukunft, gelingt es der Regierung nicht, endlich für die Sicherheit aller BewohnerInnen Kolumbiens zu garantieren. Aktuell, dies zeigen auch die tragischen Ereignisse in Tumaco, verfolgt die Regierung jedoch insbesondere bei der Vernichtung von Cocapflanzungen eine Politik, die schnell Konflikte eskalieren lässt. Sie verspielt dabei in einem für den Friedensprozess kritischen Moment ihre Glaubwürdigkeit bei der ländlichen Bevölkerung.
I. Artikel
Massaker in Tumaco: kein Frieden an der Pazifikküste
Kolumbianische Sicherheitskräfte haben am 5. Oktober in der Gemeinde Tumaco mindestens sechs Personen getötet und mindestens 20 verletzt. Danach wurde auch eine Untersuchungskommission des UNHCHR durch die ESMAD beschossen. Die Ereignisse zeigen schonungslos das Versagen Kolumbiens, die Friedensverträge mit den FARC umzusetzen sowie die Sicherheit der Bevölkerung zu garantieren.
(Von Fabian Dreher)
http://www.askonline.ch/themen/natuerliche-ressourcen-und-agrarfrage/drogen/massaker-in-tumaco-kein-frieden-an-der-pazifikkueste/
Fast Track oder Zeitlupe: Stand der Umsetzung des Friedensabkommens
Die Umsetzung des Friedensabkommens zwischen FARC und Regierung verläuft schleppend. Bis heute wurden gerade 18 Prozent der zur Umsetzung notwendigen Gesetze verabschiedet. Im kolumbianischen Kongress kommt es immer wieder zu Manövern, um die Umsetzung zu verzögern oder verwässern. Während dessen kommen die FARC mit kleinen Verzögerungen ihren Verpflichtungen bis heute vorbildlich nach.
(Von Fabian Dreher)
http://www.askonline.ch/themen/friedensfoerderung/friedensverhandlungen/fast-track-oder-zeitlupe-stand-der-umsetzung-des-friedensabkommens/
II. Monatsbericht: Widerstand gegen die Goldmine La Colosa
Anglo Gold Ashanti plant in Cajamarca im Departement Tolima eine der grössten Goldminen Lateinamerikas. Die Bevölkerung und lokale Umweltkomitees befürchten massive negative Auswirkungen auf das Wasser und auf die Landwirtschaft. Mit dem Instrument der Volksbefragung – Consulta Popular – haben sie ein mächtiges Instrument gefunden, um sich zu wehren. In der Abstimmung vom 27. März 2017 haben rund 97% der Bevölkerung nein zum Minenprojekt gesagt. Anglo Gold hat sich danach (vorübergehend) zurückgezogen, die Regierung bezweifelt jedoch die Verbindlichkeit des Abstimmungsresultates und versucht nun, dieses Instrument durch eine Gesetzesänderung auszuhöhlen. Die ask! führte am 20. September 2017 ein Gespräch mit Alejandro García und Jaime Tocora vom Comité Ambiental, die die Consulta wesentlich vorangetrieben haben.
(Von Stephan Suhner)
http://www.askonline.ch/publikationen/monatsberichte/widerstand-gegen-die-goldmine-la-colosa/
III. Apropos
Waffenstillstand ELN – Wie weiter?
Der Waffenstillstand zwischen der Regierung Kolumbiens und dem nationalen Befreiungsheer ELN ist seit dem 1. Oktober in Kraft. Menschenrechtsorganisationen und soziale Bewegungen begrüssen diesen ersten Schritt. Bereits lässt sich ein Rückgang der kriegerischen Auseinandersetzungen in den betroffenen Gebieten verzeichnen. Damit nehmen auch die Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung ab. ELN und Regierung haben die UNO mit der Überwachung des Waffenstillstands beauftragt, die UNO hat das Mandat inzwischen angenommen.
Die Verhandlungen sollen während der Waffenruhe weitergehen. Während die Regierung auf die Freilassung der gemäss Schätzungen noch 14 Entführten in den Händen des ELN pocht, sind für den ELN weiterhin die Partizipation der Zivilgesellschaft zentral. Entsprechende offene Diskussionsrunden sollen in der nächsten Verhandlungsrunde zwischen dem 30. Oktober und dem 13. November stattfinden.
http://noticias.alianzanews.com/309_hispanic-world/4838393_colombian-president-hopes-eln-will-drop-weapons-post-ceasefire.html
http://noticias.alianzanews.com/187_america/4843667_un-alto-el-fuego-del-gobierno-y-el-eln-comienza-nublado-por-un-ataque-por-esclarecer.html
https://www.wola.org/es/2017/10/cese-al-fuego-con-el-eln-es-un-paso-positivo-para-colombia-y-sus-minorias-etnicas/
https://www.laprensalatina.com/el-gobierno-de-colombia-y-el-eln-solicitan-a-la-onu-que-verifique-el-cese-el-fuego/
http://noticias.alianzanews.com/187_america/4853191_la-onu-aprueba-que-su-mision-en-colombia-verifique-el-cese-el-fuego-con-el-eln.html
http://m.elcolombiano.com/colombia/paz-y-derechos-humanos/secuestrados-por-eln-en-colombia-NL7409429
http://generacionpaz.co/content/comienza-participaci-n-de-sociedad-civil-en-di-logos-eln
Tote Menschenrechtsverteidiger, ehemalige FARC-Mitglieder und deren Angehörige gefährden den Frieden
Menschenrechtsverteidiger, soziale Führungspersonen sowie politische AktivistInnen leben in Kolumbien trotz Friedensabkommen bis heute nicht weniger gefährlich. Drohungen, Gewalt und Morde nehmen weiterhin zu. Im laufenden Oktober wurden bereits mindestens neun soziale Führungspersonen ermordet, davon fünf Indigene. Soziale Bewegungen, aber auch ausländische Regierungen und das UNO-Hochkommissariat für Menschenrechte fordern Kolumbien auf, den Schutz von MenschenrechtsverteidigerInnen endlich auch umzusetzen. Denn über die notwendigen Gesetze verfügt Kolumbien seit langem. Die Gewalt gegen MenschenrechtsverteidigerInnen und soziale Führungspersonen gilt weiterhin als grosses Hindernis für den Frieden.
Auch politische Bewegungen wie die Unión Patriótica werden massiv bedroht. Zudem kommt die Regierung Kolumbiens ihren Verpflichtungen aus dem Friedensvertrag mit den FARC nur ungenügend nach. Denn bereits wurden mindestens fünf ehemalige Guerilleros sowie mindestens elf Familienangehörige ehemaliger FARC-Kämpfer ermordet. Die Führung der FARC hat die Regierung aufgefordert, für den Schutz ihrer Mitglieder zu sorgen.
http://www.resumenlatinoamericano.org/2017/09/26/colombia-amenazado-de-muerte-defensor-de-ddhh-en-popayan/
https://www.justiciaypazcolombia.com/9-lideres-asesinados-en-19-dias/
http://www.ohchr.org/EN/NewsEvents/Pages/DisplayNews.aspx?NewsID=22215
https://www.justiciaypazcolombia.com/asesinado-jose-merlin-murillo-por-neoparamilitares/
http://smpmanizales.blogspot.ch/2017/10/la-lista-roja-de-defensores-de-derechos.html
http://www.resumenlatinoamericano.org/2017/10/19/colombia-violencia-contra-lideres-sociales-y-defensores-el-mayor-obstaculo-para-la-paz/
http://www.resumenlatinoamericano.org/2017/10/12/colombia-graves-amenazas-de-grupos-de-extrema-derecha-contra-la-direccion-de-la-up-denuncia-aida-avella/
http://www.elpais.com.co/proceso-de-paz/farc-denuncian-amenazas-de-muerte-contra-exguerrilleros-y-piden-proteccion.html
EPL:weitere Friedensverhandlungen in Sicht?
Die kleine marxistisch-leninistische Guerilla EPL (Ejército Popular de Liberación) hat in einem Brief an den kolumbianischen Präsidenten Santos ihre Bereitschaft erklärt, die Waffen niederzulegen. Ein Teil der Organisation hat bereits 1991 an Friedensverhandlungen teilgenommen und sich in der Folge demobilisiert.
Aktuell hat das EPL gemäss Beobachtern ca. 200 Personen unter Waffen und weitere 200-300 unterstützende Milizionäre und ist vor allem in den Departementen Norte de Santander sowie Cauca aktiv. Das EPL formuliert im Brief an die Regierung auch einige Bedingungen, für die Waffenniederlegung, wie zum Beispiel die Auflösung des ESMAD.
Die Regierung lehnt Gespräche mit dem EPL aktuell ab, für sie ist die Guerilla eine kriminelle Bande, die vor allem Drogenhandel über die Grenze nach Venezuela betreibt.
http://www.resumenlatinoamericano.org/2017/10/05/colombia-ejercito-popular-de-liberacion-quiere-hablar-de-paz-pero-el-gobierno-no/
http://m.elcolombiano.com/carta-del-epl-a-juan-manuel-santos-DD7432063
http://periodicoamarillo.com/los-guerrilleros-de-epl-quieren-unirse-al-proceso-de-paz-de-colombia/
IV. Tipps und Hinweise
Brunch & ColombJass: Brunch und Soli-Jass- und Tichuturnier für Kolumbien
Die Jubiläumsveranstaltungen der ask! sind vorbei, aber unser jährliches Jassturnier steht vor der Tür. Dieses Jahr kann statt gejasst auch Tichu gespielt werden.
Sonntag, 19. November 2017, Brunch ab 10.00 Uhr, Turnier 12.30-17.30 Uhr;
aki Bern, Alpeneggstrasse 5, 3012 Bern (Länggasse)
Preis: 50 CHF für Brunch und Turnier (25 CHF nur Brunch; 30 CHF nur Spielturnier)
Ertrag zugunsten der Friedens- und Menschenrechtsarbeit der ask! Tolle Preise zu gewinnen!
Anmeldung: region.bern@askonline.ch, für Brunch bis 16. November, für Turnier empfohlen
Weitere Informationen: http://www.askonline.ch/veranstaltungen/
Kinoabend in Hausen am Albis
LA BUENA VIDA – DAS GUTE LEBEN
ein Dokumentarfilm von Jens Schanze, 97 Min., Deutschland/Schweiz 2015
Mittwoch, 29. November 2017, 20:00 Uhr, Katholisches Pfarreizentrum Hausen am Albis
Nach dem Film Fragerunde mit Stephan Suhner, ask!
Veranstaltungsflyer mit weiteren Informationen zur Veranstaltung (PDF)
Premiere des Films „Voces des Atrato“
Ein Videoprojekt von Klimabündnis Vorarlberg
Am 7. November 2017, FH Vorarlberg, Dornbirn (A)
Zum Trailer des Films
Drecksgeschäfte: Schweizer Multis und ihr rücksichtsloses Handeln mit Rohstoffen
Breitsch-Träff Filmtage, 16.-18. November 2017
Dirty Gold War, Donnerstag, 16. November 2017 (Goldabbau und die Schweiz)
La buena vida, Freitag, 17. November 2017 (Kohlemine von Glencore in Kolumbien)
Bottled Life, Samstag, 18. November 2017 (Wassergeschäft von Nestlé)
Jeweils Apéro ab 19 Uhr, Film um 20 Uhr, danach Diskussion. Eintritt Frei, Kollekte
V. Lesenswerte Artikel
– Reportage aus einem Teil Kolumbiens, der immer noch auf den Frieden wartet: https://www.nzz.ch/international/kolumbien-nach-dem-friedensschluss-im-land-von-drachen-und-drogen-ld.1319380
– Kann Kolumbien auch ohne Bergbau und Ölförderung leben? http://cronicasyreportajes.com.co/?p=1751
– Das Quecksilbergeschäft in Kolumbien und die Verantwortung der Schweiz: https://bazonline.ch/schweiz/Schweigen-ist-Gold/story/22286295
– Über den Wert von Meinungsumfragen vor den Präsidentschaftswahlen: https://razonpublica.com/index.php/politica-y-gobierno-temas-27/10572-qui%C3%A9n-ganar%C3%A1-la-elecci%C3%B3n-presidencial-lo-que-dicen-las-encuestas.html
– Interview mit den schwulen Neffen von Präsident Santos über die Rechte von LGBTI* in Kolumbien: https://epeak.info/2017/10/07/colombia-presidents-gay-nephew-talks-lgbt-rights-peace-deal/
– Wiedereinführung der Todesstrafe in Kolumbien? Eine schlechte Idee: https://projusticiaydesarrollo.com/2017/10/09/la-pena-de-muerte-no-se-puede-restablecer-en-colombia/
– Korruption in Kolumbien: der Staat als Selbstsbedienungsladen: https://www.razonpublica.com/index.php/politica-y-gobierno-temas-27/10602-por-qu%C3%A9-tanta-corrupci%C3%B3n-en-colombia-el-estado-como-bot%C3%ADn.html
Redaktion: Fabian Dreher
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