Kolumbien-aktuell No. 561 und Monatsbericht | Juli/August 2016

Liebe Leserinnen und Leser Wir melden uns mit der erfreulichen Nachricht einer Einigung am Verhandlungstisch zwischen Regierung und Farc aus der Sommerpause zurück. Uneinig sind sich dagegen Novartis und der kolumbianische Staat sowie Glencore und die Gemeinschaften in ihrem Umfeld. Solidarische Grüsse aus der Redaktion! I. Artikel Erfreuliche Einigung zwischen Regierung und Farc Am 24. […]

Liebe Leserinnen und Leser

Wir melden uns mit der erfreulichen Nachricht einer Einigung am Verhandlungstisch zwischen Regierung und Farc aus der Sommerpause zurück. Uneinig sind sich dagegen Novartis und der kolumbianische Staat sowie Glencore und die Gemeinschaften in ihrem Umfeld.

Solidarische Grüsse aus der Redaktion!

I. Artikel

Erfreuliche Einigung zwischen Regierung und Farc

Am 24. August haben sich die kolumbianische Regierung und die Farc auf ein Friedensabkommen geeinigt, vier Tage danach die definitive Waffenruhe ausgerufen. Ende September soll das Abkommen unterzeichnet werden. Menschenrechtsorganisationen aus Kolumbien und aller Welt begrüssen diese Schritte, betonen aber auch, dass diverse weitere Herausforderungen anstehen.

(von Regula Fahrländer)

http://www.askonline.ch/themen/friedensfoerderung/friedensverhandlungen/erfreuliche-einigung-zwischen-regierung-und-farc/

Streit zwischen Novartis und Kolumbien über Preisfestlegung für Krebsmedikament geht weiter

Im Mai 2016 haben wir über den eskalierenden Konflikt zwischen dem kolumbianischen Staat in der Person des Gesundheitsministers und dem Schweizer Pharmakonzern Novartis rund um die Kosten für das Krebsmedikament Imatinib berichtet. Nun hat der Gesundheitsminister Gaviria trotz massivem Druck unter anderem aus den USA den Wirkstoff Imatinib als von öffentlichem Interesse erklärt. Damit wird ein tieferer Preis festgelegt, aber keine Nachahmerprodukte zugelassen. Das heisst, Novartis vermarktet Glivec weiterhin ohne Konkurrenz.

(von Stephan Suhner)

http://www.askonline.ch/themen/wirtschaft-und-menschenrechte/schweizer-wirtschaftspolitik-zu-kolumbien/streit-zwischen-novartis-und-kolumbien-ueber-preisfestlegung-fuer-krebsmedikament-geht-weiter/

Wenn Homosexualität zur Bedrohung wird

In Kolumbien sind Tausende Menschen auf die Strassen gegangen, um die traditionelle Kleinfamilie zu verteidigen. Bedroht werde die Familie ihres Erachtens von einem Leitfaden, der Lehrkräfte in Schulen zum Thema Diskriminierung sensibilisieren soll. Eigentliches Ziel der Broschüre sei die Förderung der Homosexualität. Die Bildungsministerin Gina Parody, von deren Departement die Broschüre erstellt wurde, müsse zurücktreten. Diese hatte sich erst kürzlich öffentlich als Lesbe bekannt.

(von Regula Fahrländer)

http://www.askonline.ch/themen/menschenrechte/analysen-und-berichte-der-ask/wenn-homosexualitaet-zur-bedrohung-wird/

II. Monatsbericht:  Glencore und die Gemeinschaften: wenn die Meinungen auseinandergehen

Ende März 2016 hat die ask! einen offenen Brief an Glencore geschickt, der von rund 80 Persönlichkeiten unterzeichnet worden war. Anlass waren die unerfüllten Versprechen, die Glencore-CEO Ivan Glasenberg anlässlich der Kolumbienreise im März 2015 abgegeben hatte. Glencore antwortete darauf am 19. April mit einem Schreiben, das im Juni auf Glencores Webseite veröffentlicht wurde. Die Sicht der direktbetroffenen Gemeinschaften und der Begleitorganisationen auf Glencore ist eine gänzlich andere.

(von Stephan Suhner)

http://www.askonline.ch/publikationen/monatsberichte/glencore-und-gemeinschaften/

III. Apropos

Paramilitärische Strukturen finanzieren sich durch Menschenhandel

Laut dem UNO-Büro für Drogen- und Verbrechensbekämpfung zählt Kolumbien weltweit zu den meist betroffenen Ländern von Menschenhandel. KolumbianerInnen aus allen Landesregionen werden, vorwiegend durch falsche Versprechen gut bezahlter Anstellungen ins Ausland gelockt, wo sie anschliessend ausgebeutet werden. Der Menschenrechtsorganisation Anne Frank zufolge ist der Menschenhandel heute in Kolumbien lukrativer als der Drogenhandel. Gerade neoparamilitärische Gruppierungen finanzieren sich damit.

Tatsächlich hat auch die Staatskanzlei den Internationalen Tag gegen Menschenhandel, der 30. Juni, zum Anlass genommen, zusammen mit der Internationalen Organisation für Migration OIM eine Kampagne zu lancieren. Mit ‘#OjoaLaTrata’ sollen KolumbianerInnen im In- und Ausland für die Thematik sensibilisiert werden. Der Staatskanzlei zufolge sind besonders China, Südkorea, Indonesien, Guatemala, Mexiko und Panama Zielländer.

http://www.contagioradio.com/grupos-paramilitares-ahora-se-financian-con-la-trata-de-personas-articulo-27043/

http://www.elespectador.com/noticias/elmundo/colombia-busca-de-combatir-trata-de-personas-articulo-645465

Offener Brief zum Besuch von Bundespräsident Schneider Ammann in Kolumbien

Bundespräsident Schneider Ammann besuchte am 3. August Kolumbien. Die ask! nahm dies zum Anlass, Herrn Schneider Ammann einen offenen Brief zu senden. Im Offenen Brief begrüssen wir die kolumbianischen Schritte hin zum Frieden, weisen aber auch auf die bestehenden Risiken hin und fordern die offizielle Schweiz auf, ihr Engagement in Kolumbien auszubauen oder zumindest zu erhalten. Insbesondere empfehlen wir ein verstärktes Engagement im Monitoring der schwierigen Übergangsphase der Demobilisierung der FARC, ein verstärkter Schutz von Menschenrechtsverteidigern sowie Druck auf die kolumbianische Regierung, die paramilitärischen Gruppen effektiv zu bekämpfen. Ebenso wünschten wir uns von der Schweizer Regierung weiteres Engagement zugunsten der sozialen Agenden der verschiedenen Basis- und Friedensorganisationen wie der Cumbre Agraria und deren Begleitung in der Verhandlungsführung mit der Regierung. Zuletzt wiesen wir auf Probleme von Schweizer Unternehmen in Kolumbien im Bereich der Menschenrechte hin und forderten die Schweizer Regierung auf, ihr Engagement für eine griffige Menschenrechtspolitik und Sorgfaltspflicht der Unternehmen zu verstärken. Am 29. August erreichte uns das Antwortschreiben von Bundespräsident Schneider Ammann.

http://www.askonline.ch/themen/menschenrechte/menschenrechtspolitik-zu-kolumbien/offener-brief-kolumbienreise-bundespraesident-schneider-ammann/

Zunahme bei den Übergriffen auf MenschenrechtsaktivistInnen

Die Organisation Somos Defensores hat ihren Halbjahresbericht von Januar bis Juni 2016 vorgelegt und zeigt auf: Die Übergriffe auf MenschenrechtsaktivistInnen nehmen zu. In der ersten Hälfte vom 2016 sind 35 MenschenrechtsaktivistInnen ermordet und mindestens 279 Opfer von Übergriffen geworden. Insgesamt wurden von Januar bis Juni dieses Jahres 314 Gewaltakte gegen Aktivisten registriert. „Die Zahl der Tötungsdelikte stieg um 3% in Bezug auf 2015“, so die Organisation. Konkret heisst das, dass jeden Tag zwei AktivistInnen angegriffen und alle fünf Tage eine Person umgebracht wurden.

http://somosdefensores.org/index.php/en/publicaciones/informes-siaddhh/140-este-es-el-fin

Bürgerstreik im Chocó

Um auf die dramatische Situation in ihrem Departement aufmerksam zu machen, sind die ChocoanerInnen in einen Streik getreten. Bereits einen Monat zuvor sind sie mit ihren Anliegen ans Büro des Präsidenten gelangt, aber eine Antwort und Massnahmen blieben aus.

Beim Streik wird in erster Linie die Abwesenheit des Staates kritisiert. Konkret geht es um den Zustand des Strassennetzes, des Bildungssystems und der Infrastruktur. Weiter werden die hohe Korruption, die Unsicherheit, die illegale Rohstoffgewinnung, der Drogenhandel, die internen Vertreibungen, die hohe Arbeitslosenquote, die mangelhaften Elektrizitätsleistungen und die schmutzigen Flüsse als Probleme aufgeführt. Die Forderungen sind nicht neu. Die Strasse „via al mar“ etwa, welches die vier Zonen des Departements verbinden sollte, wurde 1967 begonnen und nie fertiggestellt.

Nach acht Tagen ist es der Regierung gelungen, Einigungen mit den Streikenden zu vereinbaren. Grosse Investitionen ins Bildungswesen, in die Infrastruktur und ins Gesundheitssystem sollen nun folgen.

http://www.semana.com/nacion/articulo/paro-civico-en-choco-para-reclamar-por-salud-vias-educacion/488173

http://www.elespectador.com/noticias/nacional/termino-paro-civico-el-choco-articulo-651025

Ein Jahr nach der willkürlichen Festnahme von 13 Führungspersonen in Bogotá

Am 8. Juli jährte sich die willkürliche Festnahme der 13 AnführerInnen von Studentenbewegungen und SprecherInnen von sozialen Basisbewegungen, denen Mitgliedschaft bei der Guerillaorganisation ELN vorgeworfen wurde. Die AktivistInnen wurden schlussendlich zwar wieder aus dem Gefängnis entlassen, bis heute ist der Rechtsfall jedoch offen. Nun seien die Betroffenen dabei, eine Klage gegen den kolumbianischen Staat zu formulieren. Dabei soll es um die rechtswidrige Festnahme, die Anklageschrift und die öffentliche Anschuldigungen gehen.

http://www.contagioradio.com/se-cumple-un-ano-de-los-falsos-positivos-judiciales-de-los-13-jovenes-articulo-26142/

IV.   Tipps und Hinweise

NGOs sagen NEIN zum Nachrichtendienstgesetz

Am 25. September wird das Schweizer Stimmvolk über das Referendum gegen das Nachrichtendienstgesetz abstimmen. Damit soll der Nachrichtendienst des Bundes beispielsweise mit Wanzen private Räume überwachen oder mit Trojanern in fremde Computer eindringen dürfen. Aus menschen­rechtlicher Sicht ist insbesondere die Kabelaufklärung problematisch. Sie verletzt die Privatsphäre, das Recht auf freie Meinungsäusserung und hat eine abschreckende Wirkung auf die Zivilgesellschaft. Deshalb empfehlen viele NGOs, am 25. September ein Nein in die Urne zu legen.

https://www.nachrichtendienstgesetz.ch/

ACIS- Lanzamiento de la comisión Suiza- alemana

ACIS se complace en presentar el grupo de trabajo que conforma nuestra nueva comisión en la Suiza Alemana y sus proyectos actuales. El lanzamiento estará ambientado por  un conversatorio con los profesores Yvonne Riaño, Eduardo Sánchez y Pedro Romero, quienes nos compartirán sus experiencias y su trayectoria en la academia en Suiza.

Sábado, 01 de Octubre, 13:30-16:30 en la Escuela Politécnica de Zürich ETH, Rämistrasse 101, Auditorio HG D 3.2; Aperitivo: HG Foyer D-Nord

http://www.acis.ch

Buch: »Konzerne unter Beobachtung«

Im Oktober erscheint im Rotpunktverlag Markus Mugglins Buch » Konzerne unter Beobachtung. Zivilgesellschaft, Kampagnen und ihre Wirkung«, in dem der Journalist und Ökonom die Arbeit diverser NGO’s in der Schweiz und ihren Einfluss auf die Strategien multinationaler Konzerne untersucht. Dabei werden auch die Aktivitäten der Arbeitsgruppe Schweiz-Kolumbien thematisiert.

Buchvorstellung: Restaurant Kapitel, Bollwerk 41, 3011 Bern

www.rotpunktverlag.ch

Redaktion: Regula Fahrländer

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