IAN Dossier Menschenrechte 2024- Aktuelle Lage in 16 Länder

Das International Advocacy Network (IAN) stellt ein Dossier zur aktuellen Menschenrechtssituation im Jahr 2024 in 16 Ländern vor, darunter auch Kolumbien (verfasst von kolko e.V.).

Wir, die Mitglieder des Bündnisses Internationale Advocacy Netzwerke (IAN), setzen uns seit vielen Jahren in enger Zusammenarbeit mit lokalen zivilgesellschaftlichen Akteur*innen für die Verbesserung der Menschenrechtssituation in Ländern Afrikas, Asiens und Lateinamerikas ein. Dabei machen wir auf die jeweiligen länderspezifischen Menschenrechtsprobleme aufmerksam und entwickeln Handlungsempfehlungen für politische Entscheidungsträger*innen in Deutschland wie auch auf EU- und UN-Ebene.

In dem vorliegenden Dossier zeigen wir gravierende Menschenrechtsverletzungen in 16 Ländern auf und adressieren Handlungsempfehlungen an die deutsche Bundesregierung und die Abgeordneten des Bundestages. Jedes Land weist nicht nur geografische und sozio-politische, sondern auch menschenrechtliche Besonderheiten auf – und doch sind viele der Herausforderungen in den Ländern auf den drei genannten Kontinenten ähnlich und haben Gemeinsamkeiten zu den Herausforderungen, mit denen wir in Deutschland und Europa konfrontiert sind.

Die letzten Jahre waren geprägt von gewalttätigen Konflikten, Kriegen, der Covid-19-Pandemie und der globalen Klimakrise. Sie haben die Menschenrechtslage, insbesondere für Frauen und Mädchen, in vielen Ländern nachhaltig verschlechtert. Als Antwort auf die Krisen gewinnen politische Strömungen, die Gesellschaften spalten, anstatt sie zu vereinen, überall auf der Welt an Zulauf. Multilaterale Ideen und Bündnisse werden von rechtspopulistischen Parteien und Regierungen infrage gestellt. Der Rückzug in nationalstaatliche Interessen, die die eigene wirtschaftliche Sicherheit in den Vordergrund rücken, Migration ablehnen und eine neue militärische Aufrüstung anstoßen, erschweren eine gemeinsame Politik, die die Menschenrechte zum Kern politischen Handelns macht.

„Die beste Verteidigerin der Menschenrechte: eine lebendige Zivilgesellschaft“ – so formuliert es das Auswärtige Amt auf seiner Homepage. In Deutschland haben wir zu Beginn des Jahres 2024 selbst erlebt, wie geeint und lautstark die Zivilgesellschaft aufsteht und sich gegen Rechts positioniert. Die Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit sind ein im deutschen Grundgesetz geschütztes und gelebtes Menschenrecht. Doch nicht überall auf der Welt haben Bürger*innen die Möglichkeit, ihre Rechte uneingeschränkt wahrzunehmen. Die Diskrepanz zwischen der rechtlichen Verankerung und dem tatsächlichen Schutz der Freiheitsrechte wird in vielen Ländern immer größer. Vielfach werden repressive Gesetzgebungen durch Regierungen genutzt, um die Rechte ihrer Bürger*innen auszuhebeln. Besonders die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit sowie die Meinungs- und Pressefreiheit sind in den hier beschriebenen Ländern bedroht. Es zeigt sich auch, dass insbesondere staatliche Akteur*innen schwere und systematische Menschenrechtsverletzungen gegen ihre eigenen Bürger*innen begehen. Rechtsstaatliche Prinzipien werden in diesen Ländern untergraben, um demokratische Entscheidungsfindungen zu beeinflussen und Minderheiten zu diskriminieren.

In vielen der in diesem Dossier vorgestellten Länder lassen sich Tendenzen autokratischer Regierungsführung erkennen, die nicht die Förderung und den Schutz der Grundrechte als Kern staatlichen Handelns priorisieren, sondern den kurzfristigen politischen Machterhalt bzw. -gewinn. Auch der staatlichen Aufgabe, zivilgesellschaftlichen Raum zu schaffen und zu schützen, wird nicht ausreichend nachgekommen. Um die Kontrolle und Macht politisch instabiler und autokratischer Regierungen zu erhalten, werden Regierungskritiker*innen diskriminiert, verfolgt oder getötet. Dies betrifft insbesondere Minderheiten aufgrund ihrer ethnischen Herkunft, Religion oder Weltanschauung, ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Orientierung. In Indien und Kolumbien spitzt sich die Gefahrenlage sowohl für Minderheiten als auch für die Zivilgesellschaft im Allgemeinen zu. Vielfach unterstützt die anhaltende Straflosigkeit angesichts vergangener oder anhaltender Menschenrechtsverletzungen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit den Machterhalt der politischen Eliten, wie etwa in Burundi. In Nepal bleiben Fälle von Folter und anderen Misshandlungen – auch in Polizeigewahrsam – und die allgegenwärtige Gewalt gegen Frauen und Mädchen straflos.

Zur Sicherung des Machterhalts nutzen viele Staaten das Militär als Instrument, um regierungskritische Stimmen in der eigenen Bevölkerung gewaltsam zu unterdrücken. In Mexiko schreitet der Prozess der Militarisierung der Sicherheitspolitik und ziviler Sektoren voran. Immer wieder kommt es in Timor-Leste zu übermäßiger Gewalt und Misshandlungen durch Sicherheitskräfte – das betrifft auch ihr Verhalten außer Dienst. In Myanmar nutzt das Militär kollektive Bestrafung, die Verheerung von Dörfern und Plünderungen, um gewaltsam gegen Widerstand vorzugehen. Die Einflussnahme staatlicher Sicherheitskräfte in die Verwaltung wird in vielen Ländern ausgedehnt. Angst und Gewalt gegen die Zivilbevölkerung werden in solchen Ländern bewusst instrumentalisiert, um autokratische Tendenzen zu erhalten und auszubauen.

 

Foto: © Internationale Advocacy Netzwerke (IAN)