Kolumbien-aktuell No. 541 und Monatsbericht | Oktober 2014

Liebe Leserinnen und Leser In einem Monat stimmen wir in der Schweiz über die „Gold-Initiative“ ab. Bei einer Annahme könnte auch kolumbianisches Gold ins Spiel kommen. Die ask! hat in einer Goldmine einen Augenschein genommen und berichtet im Monatsbericht darüber. Solidarische Grüsse aus der Redaktion! I.              Artikel Historische Krise in den Gefängnissen Kolumbiens Die Ombudsstelle […]

Liebe Leserinnen und Leser

In einem Monat stimmen wir in der Schweiz über die „Gold-Initiative“ ab. Bei einer Annahme könnte auch kolumbianisches Gold ins Spiel kommen. Die ask! hat in einer Goldmine einen Augenschein genommen und berichtet im Monatsbericht darüber.

Solidarische Grüsse aus der Redaktion!

I.              Artikel

Historische Krise in den Gefängnissen Kolumbiens

Die Ombudsstelle für Menschenrechte bezeichnet es als die schlimmste Krise der Strafvollzugsanstalten in der Geschichte des Landes. Die Überbelegung der Gefängnisse beträgt durchschnittlich 50%, in gewissen Landesregionen sind die Plätze vierfach belegt. Häftlinge sind im Hungerstreik, Gefängnisangestellte im Arbeiterstreik. Eine Verbesserung zeichnet sich nicht ab.

(Von Regula Fahrländer)

http://www.askonline.ch/themen/menschenrechte/analysen-und-berichte-der-ask/historische-krise-in-den-gefaengnissen-kolumbiens/  

II.            Monatsbericht: Auf Goldsuche im kolumbianischen Nordeste Antioqueño

Am 30. November entscheidet der Schweizer Souverän über die Erhöhung der Goldreserven der Schweizer Nationalbank. Unter dem Namen ʺRettet unser Schweizer Gold (Gold-Initiative)ʺ wird gefordert, dass die Schweizerische Nationalbank mindestens 20 Prozent ihrer Aktiven in Gold halten muss und dieses in der Schweiz gelagert werden und unverkäuflich sein solle. Sehr wahrscheinlich würde ein Teil dieses Goldes aus Kolumbien kommen. Wir haben uns deshalb auf die Suche nach dessen Ursprung gemacht.

(Von Stephan Suhner und Regula Fahrländer)

http://www.askonline.ch/publikationen/monatsberichte/auf-goldsuche-im-kolumbianischen-nordeste-antioqueno/

 III.           Apropos

Die Erweiterung der Militärjustiz schreitet voran

Zurzeit befinden sich im kolumbianischen Kongress drei Gesetze, die alle die Erweiterung der Militärjustiz avisieren. Mit acht gegen vier Stimmen hat die erste Kommission des Senats den Legislativakt 022 gutgeheissen. Dies ist ein wichtiger Schritt für eine Verfassungsreform, welche die Wiederherstellung der Militärjustiz in Kolumbien zum Ziel hat. Dabei soll, bis auf sieben Ausnahmen, ausschliesslich das Kriegs-, Militär- oder Polizeigericht von Verletzungen des internationalen humanitären Rechtes, begangen durch Staatsangestellte, Kenntnis haben. Davon ausgenommen sind Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Genozid, Zwangsverschwinden, aussergerichtliche Hinrichtungen, Sexualdelikte, Folter und Zwangsvertreibungen.

Menschenrechtsorganisationen haben sogleich ihre Bedenken zu den Gesetzesentwürfen geäussert. Sie befürchten, dass damit Fälle von aussergerichtlichen Hinrichtungen, bekannt unter „falsos positivos“, in die Militärgerichtbarkeit fallen. Zwar sind aussergerichtliche Hinrichtungen eine der sieben Ausnahmen, doch es wird vermutet, dass diese Delikte unter anderer Bezeichnung, etwa „schwerer Totschlag“ oder „Tötung“ der Militärjustiz übergeben werden könnten. Ferner bemängeln sie die Liste der sieben Ausnahmen, ihnen fehlen diverse weitere Menschenrechtsverletzungen wie etwa willkürliche Festnahmen, illegale Abhörungen und Entführungen. Zudem werde mit der exklusiven Zuständigkeit der Militärbehörden den Opfern das Recht auf Anklage verweigert. Deshalb sehen sie in dem neuen Gesetzesentwurf einen wiederholten Versuch, die über 6‘000 Fällen von „falsos positivos“ in der Straflosigkeit zu belassen. Vor einem Jahr hatte das Verfassungsgericht ein vorangehendes Projekt zur Ausweitung der Militärjustiz formaler Gründe wegen für verfassungswidrig erklärt und daraufhin widerrufen. Für die Annahme der neuen Gesetzesentwürfe braucht es noch sieben weitere Diskussionen im Senat.

http://www.senado.gov.co/sala-de-prensa/noticias/item/20897-comision-primera-de-senado-aprobo-fuero-militar

http://www.youtube.com/watch?v=7Ph-g15-KU4

Erneute Todesdrohungen an über 100 MenschenrechtsaktivistInnen

Im Oktober wiederholte sich, was bereits im Vormonat der Fall war: Über 100 MenschenrechtsaktivistInnen wurden mit dem Tode bedroht. Die sogenannten Águilas Negras (Schwarze Adler) haben in einer E-Mail angekündigt, „sie alle werden eine echte Vertreibung ins Jenseits erfahren“.  Das Movimiento Nacional de Víctimas de Crímenes de Estado MOVICE hat daraufhin einmal mehr den kolumbianischen Staat aufgerufen, effektive Massnahmen zu ergreifen, damit die MenschenrechtsaktivistInnen endlich gefahrlos ihrer Arbeit nachgehen können.

105 von 260 solcher Drohungen in den vergangenen vier Jahren wurden von der gleichen Email-Adresse der Águilas Negras verschickt. Dennoch ist es der Staatsanwaltschaft bis anhin nicht gelungen, die UrheberInnen ausfindig zu machen. MenschenrechtsaktivistInnen vermuten, dass der Staat kein ernsthaftes Interesse an Ermittlungen hat. Ihnen zufolge ist Águilas Negras nämlich lediglich ein Etikett unter welchem staatliche Strukturen Schrecken verbreiten.

http://www.elespectador.com/noticias/judicial/piden-al-gobierno-medidas-eficaces-cortar-amenazas-defe-articulo-524298

 Ratifizierung der interamerikanischen Konvention gegen Gewalt an Frauen

Am 1. Oktober hat der kolumbianische Staat die Interamerikanische Konvention gegen Gewalt an Frauen aus dem Jahre 1996 ratifiziert. Kolumbien hat die Convención Interamericana para Prevenir, Sancionar y Erradicar la Violencia hacia la Mujer, wie der internationale Vertrag mit vollem Namen heisst, und unter dem Namen “Konvention von Belém do Pará“ bekannt ist, zusammen mit Bolivien, Ecuador, Paraguay und Peru ratifiziert.

Am regionalen Forum „Stimmen gegen die Gewalt an Frauen“, wo sich RepräsentantInnen aller Staaten trafen, haben staatliche und zivile Organisationen auf die Wichtigkeit der Förderung von staatlichen Massnahmen zur Bekämpfung des Problems hingewiesen. Auch müsse der Zugang zum Justizsystem für betroffene Frauen gefördert werden.

Am Forum wurde auch eine Studie der panamerikanischen Gesundheitsorganisation aus dem Jahre 2013 präsentiert. Dieser Studie zufolge sind 40% der KolumbianerInnen schon Opfer von physischer oder sexueller Gewalt seitens ihres Lebenspartners geworden.

http://www.elespectador.com/noticias/elmundo/colombia-ratifica-convencion-interamericana-contra-viol-articulo-519979

http://www.unicef.org/argentina/spanish/ar_insumos_ConvencionBelem.pdf

Staatsanwaltschaft verlangt Untersuchung von Ex-Präsidenten im Fall von Claudia Duque

Claudia Julieta Duque ist Menschenrechtsaktivistin, Journalistin und Betroffene vom Abhörskandal seitens des ehemaligen Inlandgeheimdienstes DAS. Seit Jahren setzt sie sich dafür ein, die Verantwortung des ehemaligen Präsidenten Álvaro Uribe in diesem Skandal aufzudecken. Infolge davon wurde sie entführt, ihre Wohnung von Unbekannten durchsucht, sie und ihre Tochter durch die Stadt verfolgt, ihr Telefon und andere Kommunikationswege abgehört und die ganze Familie mit dem Tode bedroht. Dreimal musste die Menschenrechtsaktivistin bereits ins Exil gehen.

Aufgrund dieser Tatenlage hat Claudia Julieta Duque den kolumbianischen Staat wegen psychologischer Folter angeklagt. Nun hat der Staatsanwalt die Eröffnung einer Untersuchung gegen den Ex-Präsidenten veranlasst. Miguel Alberto Cabana, Sprecher der Staatsanwaltschaft bestätigte, dass Beweismaterial gefunden worden sei, welches den Ex-Präsidenten belaste. Zudem könnten diese Untersuchungen auch weitere Staatsfunktionäre betreffen.

Seit 2001 nimmt sich Claudia Duque den Recherchen rund um die Ermordung des Journalisten und Humoristen Jaime Garzon an. José Miguel Narváez, einstiger Sub-Direktion vom DAS, ist für diese Ermordung angeklagt. Später wurde er auch für die illegale Verfolgung und Abhörung von Claudia Duque vorgeladen. Es ist davon auszugehen, dass dieses Zusammentreffen kein Zufall ist.

http://www.elespectador.com/noticias/judicial/fiscalia-pide-investigar-uribe-chuzadas-claudia-julieta-articulo-520439

Álvaro Uribe wollte in seiner Amtszeit auch mit der Guerilla verhandeln

Roy Barreras, früherer Alliierter von Ex-Präsident Álvaro Uribe und heutiger Kongressabgeordneter, hat Mitte Oktober die Bemühungen um Friedensverhandlungen von Uribe bekannt gemacht. Anscheinend hatte dieser während seiner ganzen 8-jährigen Amtszeit die Annäherung an die ELN und die FARC gesucht. Dabei sei er weit grosszügiger als der aktuelle Präsident gewesen. So hat er den Aufständischen eine kampffreie Zone, Kongresssitze, Straferlasse und eine bilaterale Waffenruhe angeboten. Die Schweiz, Frankreich und Spanien waren dabei anscheinend als Unterstützung gedacht gewesen.

Anlass für diese Bekanntmachung war eine vorangehende Publikation von Uribe und seiner ultrarechten Partei Centro Democrático gewesen, die den Namen „Die 52 Kapitulationen der Regierung in La Havana“ trägt. Dies ist nur der letzte Schritt im pausenlosen Angriff von Uribe auf den aktuellen Friedensdialog. Die Eröffnung, dass er selber um Friedensverhandlungen bemüht war, dürfte der Glaubwürdigkeit seines Wiederstandes fürs erste etwas dämpfen.

http://www.semana.com/nacion/articulo/los-archivos-secretos-de-uribe-con-las-farc/406672-3

IV.          Tipps und Hinweise

ColombJass – Sonntagsbrunch und Soli-Jassturnier für Kolumbien am 16. November 2014

Die Regionalgruppe Bern der ask! organisiert ein Solidaritäts – Jassturnier mit tollen Preisen, wobei die Erträge aus dem Anlass an die Friedens- und Menschenrechtsarbeit in Kolumbien gehen.

Brunch ab 10.00 Uhr, Jassturnier 12.30 – 17.00 Uhr. Im Aki, Alpeneggstrasse 5, 3012 Bern.

Mehr Information unter http://www.askonline.ch/veranstaltungen/

Anmeldung empfohlen an region.bern@askonline.ch

Die Schweiz und das Rohstoffgeschäft – Mehr Transparenz und Gerechtigkeit im Rohstoffhandel!

Ein Jahr nach den „Säuliämtler-Rohstoffinitiativen“ lädt das Initiativ-Komitee „Rohstoffmillionen-Knonaueramt, wir handeln solidarisch“ zu einem Rohstoff-Themenabend ein. Ausgewiesene Rohstoff-Experten erläutern die Rolle der Schweiz als Rohstoffdrehscheibe und die damit verbundenen Risiken und Chancen.

Mittwoch, 19. November 2014, 20 Uhr, Singsaal Chilefeld in Obfelden

Mehr Information: www.knonaueramt-solidarisch.ch

 „Bodenschätze: Landvertreibung“. Eine Reise nach Kolumbien.

„Bodenschätze: Landvertreibung“ ist eine Kombination aus Reportage und Sachbuch, gespickt mit Anekdoten und persönlichen Eindrücken vom Aufenthalt in den Gemeinden Las Pavas und El Garzal im Magdalena Medio und in El Hatillo in der Provinz Cesar.

Von Jann Duri Bantli. Verlag Edition 8. Ab sofort erhältlich.

Information und Bestellung: http://www.edition8.ch/buch/bodenschatze-landvertreibung/

Redaktion: Regula Fahrländer

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