Liebe LeserInnen
Den Verkauf des Landes an transnationale Konzerne und die Verletzung von grundlegenden Menschenrechten nimmt die kolumbianische Bevölkerung nicht schweigend hin. Davon zeugen der friedliche Widerstand und die Mobilisierung der Gemeinschaften in Huila oder auch in Cesar, wo die Menschen die ihnen zustehenden Rechte einfordern. Trotz aller Widrigkeiten, wie die Bedrohung durch die bewaffneten Akteure oder auch die eingeschränkte Pressefreiheit, vermag die kolumbianische Zivilgesellschaft sich immer wieder von neuem zu organisieren.
Solidarische Grüsse aus der Redaktion!
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I. Artikel
1. Unter Präsident Santos hat sich die Situation für Gewerkschaften nicht gebessert (von Stephan Suhner)Alvaro Vega, Präsident der Gewerkschaftsdachverbandes CUT (Central Unitaria de Trabajadores de Colombia) im Departement Valle, war Mitte Februar 2012 auf Einladung des Solifonds zu Besuch in der Schweiz. Diese CUT Sektion ist mit 38‘000 Mitgliedern eine der wichtigsten Sektionen und liegt in einer wirtschaftlich bedeutenden, aber auch schwer von der Gewalt gebeutelten Region. Die ASK hatte die Gelegenheit, mit Alvaro in Bern ein Gespräch zu führen.
2. Selbstauferlegte Zensur (von Ann-Seline Fankhauser)
Anfang Februar stellte die Stiftung für Pressefreiheit FLIP (Fundación para la libertad de prensa) ihren jährlichen Bericht über die Situation der Pressefreiheit in Kolumbien vor. Die FLIP zeigt sich besorgt über die weitverbreitet Angst unter den Journalisten in den Regionen, welche sich immer öfters in einem selbstauferlegten Schweigen der lokalen Medien zu gesellschaftsrelevanten Themen äussert.
3. Lokale Gemeinschaften leiden unter der offensiven Bekämpfung des Goldbergbaus durch die Regierung Santos (von Mario Huber und Annette Wallimann)
Infolge des Anstiegs des Goldpreises in den letzten Jahren werden in Kolumbien Anstrengungen aller Art zur Goldgewinnung unternommen. Am Goldbergbau sind heute drei verschiedene Akteursgruppen beteiligt.
II. Apropos
Neuer Repräsentant für UN Hochkommissariat für Menschenrechte in KolumbienDer Jurist Todd Howland ist der neue Repräsentant des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte in Kolumbien. Nach dem Abtreten von Christian Salazar Volkmann hat der US-Amerikaner am 30. Januar die Direktion von OACNUDH in Bogotá übernommen.
Medienmitteilung: http://www.hchr.org.co/publico/comunicados/2011/comunicados2011.php3?cod=21&cat=86
Interview in El Tiempo: http://www.eltiempo.com/politica/ARTICULO-WEB-NEW_NOTA_INTERIOR-11074994.html
Nein zur Ratifizierung des Freihandelsabkommen EU – Kolumbien
Verschiedene Organisationen und Netzwerke haben unter der Koordination von Oidhaco eine Webseite lanciert, um auf die schwerwiegenden Folgen eines Freihandelsabkommens zwischen der EU und Zentralamerika, Peru und Kolumbien aufmerksam zu machen. Durch die Abkommen würden vorwiegend die Wirtschaftsinteressen Europas verfolgt. Gleichzeitig werden fatale Folgen für die lokale Bevölkerung im Bereich ihrer wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte, sowie eine Verschärfung der Ungleichheiten und der Armut befürchtet. Die Initianten machen zudem auf die fehlende Transparenz und die Nicht-Einbindung der Zivilgesellschaft bei den Verhandlungen aufmerksam. Auch die Menschenrechtslage und die Situation von Gewerkschaftern in Kolumbien müssten massiv verbessert werden, bevor die EU ein solches Handelsabkommen unterzeichnet. Dadurch könnte die EU beweisen, dass sie die Menschenrechte über die wirtschaftlichen Interessen stellt. Unter dem Motto „Decidiendo nuestro futuro“ werden die EU -Abgeordneten zu einem Nein zum Freihandelsabkommen aufgerufen.
http://www.fta-eu-latinamerica.org/esp/
Hintergrundbericht zu Kolumbien: http://www.fta-eu-latinamerica.org/wp-content/uploads/2011/06/Oidhaco-Comercio-a-cualquier-precio.pdf
Glencore-Xstrata International: Die Fusion birgt ein grosses Imagerisiko für die Schweiz und die Entstehung eines Kohlemonopols in Kolumbien
Die seit Langem erwartete Bekanntmachung der Fusion der beiden Zuger Konzerne Glencore und Xstrata fand in den letzten Wochen ein grosses Medienecho. Der mögliche Zusammenschluss wurde in der Schweizer Presse unter anderem mit „Mega-Fusion“ oder „Elefantenhochzeit“ betitelt. Aus der Sicht der Menschenrechtsarbeit ist durch die Zusammenlegung eine zunehmende Machtakkumulation durch den entstehenden multinationalen Rohstoffriesen in den jeweiligen Produktionsländern sowie das Voranschreiten von Menschenrechtsverletzungen unter dem Deckmantel der im Bergbausektor gängigen Selbstregulierungsnormen zu befürchten.
Proteste wegen mangelhaften Umsiedlungen
Zwischen dem 13. und 16. Februar 2012 kam es in verschiedenen Dörfern der Kohlenabbauregion in Cesar zu Protesten der Bevölkerung. Grund dafür waren nicht eingehaltene Versprechen der Unternehmen – darunter Glencore – und des Operator FONADE über die Umsiedlung sowie Umweltprobleme und mangelnde Arbeitsplätze für die lokale Bevölkerung. Während die Unternehmen die Anliegen der Bevölkerung auf die lange Bank schoben, begann die Sonderpolizei ESMAD, die Strassenblockaden der empörten Bewohnerinnen und Bewohner gewaltsam aufzulösen. Kriminelle, bewaffnete Banden benutzten die ursprünglich friedlichen Proteste der Lokalbevölkerung, um sich mit der Polizei Schiessereien zu liefern. Bilanz der Unruhen: Zwei tote Polizisten, mehrere verletzte Bewohner, acht abgebrannte Häuser in Plan Bonito, viele zerstörte Fahrzeuge und vage Versprechen der Behörden und der Unternehmen.
Gewaltsame Räumung der friedlichen Proteste zu El Quimbo
Seit Monaten protestieren Bauern und Fischer in Huila friedlich gegen das Staudammprojekt El Quimbo, welches ihre Lebensgrundlage bedroht. Das Wasserkraftwerk, das durch das Transnationale Unternehmen EMGESA-ENDESA-ENEL gebaut werden soll, ist eines der grössten Infrastrukturprojekte, welches zur Zeit in Kolumbien gebaut wird. Zu diesem Zweck soll auch der Lauf des Magdalenaflusses – die Lebensader der Region – umgeleitet werden und tausende von Hektaren fruchtbares Land geflutet werden.
Obwohl sich die Bevölkerung während mehreren Jahren gegen das Megaprojekt mit seinen fatalen sozialen Konsequenzen und irreversiblen Umweltschäden zur Wehr setzte, wurde die Umweltlizenz 2009 durch die Regierung erteilt. Die Lizenz wurde bislang dreimal abgeändert und das Unternehmen ist bis heute seinen Verpflichtungen gegenüber der Umwelt und den lokalen Gemeinschaften nicht nachgekommen. Die direktbetroffene Bevölkerung wurde während des ganzen Projekts nicht konsultiert. Verschiedene Protestaktionen, Interventionen und Rekurse auf lokaler und nationaler Ebene blieben durch die Behörden unbeantwortet. Im März 2011 stellte sich die Ombudsbehörde hinter die Bevölkerung, und somit gegen El Quimbo, als sie die Widerrufung der Umweltlizenz verlangte.
Nach gescheiterten Dialogversuchen zwischen der Vereinigung der Betroffenen von El Quimbo (ASOQUIMBO) und dem Vize-Innenminister, kam es am 14. Februar zu einer gewaltsamen Räumung der Protestcamps an den Ufern des Magdalenaflusses. Gemeinsam gingen Militär, Polizei und ESMAD mit Tränengas und Gummigeschossen gegen die friedlich protestierende Bevölkerung vor. Mehrere Personen wurden verletzt, ein Mann schwer. Menschenrechts-beobachtern und Journalisten wurde der Zugang verwehrt.
ASOQUIMOBO verurteilt die Gewalt und die Verletzung grundlegender Menschenrechte aufs Schärfste und fordert eine vollständige Aufklärung der Ereignisse, zudem sucht die Vereinigung die internationalen Menschenrechtsorgane um Unterstützung an.
http://millerdussan.blogia.com/
Video zur gewaltsamen Räumung: http://www.youtube.com/watch?v=BFv4HG8ALeA
„Die Bilanz ist nicht ganz so erfreulich“
Der Jahresbericht 2011 der Corporación Nuevo Arco Iris zur Konfliktdynamik in Kolumbien befürchtet, dass dem Land eine neuerliche Gewaltspirale bevorsteht.
Vor allem die Konsolidierung und Ausweitung der territorialen Kontrolle der neuen paramilitärischen Gruppen (bacrim), sowie die Unfähigkeit des Staates dieser Entwicklung entgegenzuhalten, wird von der Corporación als sehr beunruhigend wahrgenommen. Auch die hohe Anzahl ermordeter sozialer Führer – 126 Ermordungen in den letzten fünf Jahren – ist, dem Bericht zu Folge alarmierend. Diese beiden Phänomene stehen in engem Verhältnis und sind vor allem in Zusammenhang mit der geplanten Landrückgabe an die Opfer des Konfliktes besorgniserregend. Den bacrim positv gesinnte Akteure, sowie die bacrim selbst werden die Landrückgaben an Opfer und Vertriebene mit allen Mitteln zu verhindern suchen und ihre ökonomischen Interessen falls notwendig mit Gewalt verteidigen. Drohungen gegenüber Opfervertretern und Opfern selbst, selektive Morde und Vertreibungen haben erneut zugenommen und auch schon ihre Wirkung gezeigt. Aus Angst fordern viele Opfer ihre Rechte gar nicht ein, oder aber die Bauern verkaufen das ihnen zugesprochene Land umgehend.
Auch die Guerilla wird weiterhin als wichtiger und beständiger Akteur im Konflikt wahrgenommen. Obwohl die Eliminierung wichtiger Führungspersonen der FARC grosse politische Wirkung erzielte, hat die Guerilla keineswegs an Schlagkraft eingebüsst. Das vorgehen der Guerilla der letzten Jahre zeichnet sich durch kleine Kampfeinheiten, der vermehrte Einsatz von Antipersonenminen und Heckenschützen, sowie Überraschungsschläge aus. Als Konsequenz sind vor allem in Grenzgebieten, wo sich die Guerilla bevorzugt versteckt, erhöhte militärische Aktivitäten zu beobachten.
Die Akteure des bewaffneten Konfliktes – Guerilla und Militär – zeichnen sich weiterhin für schwere Menschenrechtsverletzungen und Verletzungen des humanitären Rechts verantwortlich.
http://viva.org.co/cajavirtual/svc0290/articulo06.html
Kompletter Bericht: http://www.nuevoarcoiris.org.co/sac/files/oca/informes/Info_EJECUTIVO_2011.pdf
III. Tipps und Hinweise
Ist Nestlé rechtlich verantwortlich?6. März 2012, 19.00 Uhr in Zürich
7. März 2012, 19.00 Uhr in Bern
Der Fall Luciano Romero: Ermordung von Gewerkschaftern in Kolumbien
Ist Nestlé rechtlich verantwortlich?
Infos unter: http://www.askonline.ch/veranstaltungen/
… so fern von Gott und so nah bei den USA
Romerotag 2012 zur Rolle der Vereinigten Staaten in Lateinamerika
Samstag, 24. März 2012, 09.30 – 17.00
Detailliertes Programm und Flyer: http://www.askonline.ch/veranstaltungen/
Menschenrecht auf Wasser – Wer surft auf der letzten Welle?
27. März 2012, 19.30, Kulturhaus Helferei, Kirchgasse 13, 8001 Zürich
Ein thematischer Abend zum Wasser mit Film und Gespräch
Infos unter: http://www.askonline.ch/veranstaltungen/
Transnationale Konzerne, Gewerkschaftliche Kämpfe und Internationale Solidarität, Fokus Kolumbien
Internationale Tagung in Wuppertal
Samstag, 31. März und Sonntag, 01. April 2012
Wie können Gewerkschaften in Kolumbien angesichts brutaler Repression den transnationalen Konzernen die Stirn bieten? Welche Rolle spielen diese Unternehmen bei der Verfolgung von GewerkschafterInnen? Mit Vertretern der kolumbianischen Gewerkschaften Sinaltrainal (Lebensmittelbereich) und USO (Erdöl) soll diesen Fragen nachgegangen werden.
Infos und detailliertes Programm: http://www.askonline.ch/veranstaltungen/
PWS Vorbereitungskurse für Menschenrechtseinsätze in Guatemala, Mexiko und Kolumbien
26. – 29. April 2012 und 10. – 13. Mai 2012, Zürich
Infos und Flyer: http://www.askonline.ch/veranstaltungen/
Ostermarsch | Stopp der wirtschaftlichen Gewalt – Rohstoffe zum Leben
Ostermontag, 9. April 2012, Bern
Mit Angelica Ortiz, Mitarbeiterin der Frauenbasisorganisation Fuerza de Mujeres Wayúu.
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