Brot für die Welt
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freundinnen und Freunde des Menschenrechtsnetzes,
Frau Sandra Viviana Cuellar Gallego, Umweltschützerin in Kolumbien, wird seit dem 17. Februar dieses Jahres vermisst. Sie war im westkolumbianischen Cali unterwegs zu einem Vortrag an der Universität des nahegelegenen Ortes Palmira. Der Aufenthaltsort von Sandra Viviana Cuellar Gallego ist derzeit unbekannt.
Sandra Viviana Cuellar Gallego war für die Nicht-Regierungs-Organisation (NRO) CENSAT Agua Viva/ Friends of the Earth Colombia tätig. Derzeit ist sie die Leiterin der NRO „Surviviendo“, die sich für den Schutz von Wasserregionen, unter anderem von Flussbetten, und die Erhaltung von Feuchtgebieten einsetzt. Sie hatte in den 15 Tagen vor ihrem Verschwinden zusammen mit der örtlichen Gemeinschaft einen Umweltschutzplan für die Gemeinde Yumbó im Departement Valle del Cauca ausgearbeitet. Zudem hatte sie mit Yanacona am Cauca-Fluss zusammengearbeitet und Interviews zur Unterstützung der Arbeit der indigenen Gemeinschaft gegeben, die sich für den Schutz ihres Flusses einsetzt.
Die Familie von Sandra Viviana Cuellar Gallego wurde am 19. Februar über den Fund ihres Ausweises informiert. Der Ausweis lag nahe der Haltestelle, von der aus die Aktivistin den Bus zur Universität nehmen wollte. Amnesty International hat angesichts der Tatsache, dass MenschenrechtsverteidigerInnen, die sich für den Umweltschutz in Kolumbien engagieren, in der Vergangenheit bedroht, getötet und Opfer des „Verschwindenlassens“ geworden sind, Grund zur Annahme, dass auch Sandra V. Cuellar Gallego ebendieser Praxis zum Opfer gefallen ist.
HINTERGRUNDINFORMATIONEN
Im Rahmen ihrer Zusammenarbeit mit CENSAT Agua Viva/ Friends of the Earth Colombia rief Sandra Viviana Cuellar Gallego eine Kampagne zugunsten einer Volksabstimmung über ‚Wasser als fundamentales Recht‘ ins Leben. Die Kampagne umfasste freien Zugang zu einem lebensnotwendigen Minimum an Wasser, den Schutz wichtiger Ökosysteme und ein staatliches Programm zur Regelung des Umgangs mit Wasser und Abwässern. Die Kampagne hatte jedoch keinen Erfolg und endete im Jahr 2010.
Nichtregierungsorganisationen und MenschenrechtsverteidigerInnen werden in Kolumbien aufgrund ihrer Arbeit zur Verteidigung ihrer Siedlungsgebiete, ihrer Bodenschätze, der Umwelt und des Rechts auf ein Leben in Würde, häufig bedroht. Oftmals sind dabei Projekte unter Beteiligung Angehöriger indigener oder afro-kolumbianischer Gemeinden betroffen. Am 4. Dezember 2009 erhielten sechs Männer, darunter Sprecher afro-kolumbianischer und indigener Gemeinschaften, im Departement Cauca gleichzeitig eine SMS mit Morddrohungen. Sie hatten sich aktiv in einer Kampagne örtlicher Gemeinschaften gegen die Umleitung des Flusses sowie gegen den großflächigen Goldabbau durch multinationale Unternehmen in der Region eingesetzt. Die Gemeinschaften befürchten, dass diese groß angelegten Entwicklungsprojekte ihre Lebensgrundlage und ihre Kultur gefährden könnten.
Wir möchten Sie hiermit bitten, Frau Sandra Viviana Cuellar Gallego zu helfen, dass sie unversehrt wieder nach Hause kommt und dass eine Untersuchung eingeleitet wird, die die Vorfälle aufklärt.
Bitte senden Sie per Post (seit 1.1.2011 kostet das Porto für den Brief 0,75 Euro) oder per Fax die beigefügten Briefe so schnell wie möglich, jedoch spätestens bis zum 11. April 2011, an die angegebenen Adressen oder Fax-Nummern, um Ihre Betroffenheit zum Ausdruck zu bringen. Sollten Sie die Schreiben per Fax schicken, kann es sein, dass jemand abhebt, bitte sagen Sie dann: „me dá tono de fax por favor“. Beim faxen nach Kolumbien kann auch die Zeitverschiebung wichtig sein, wenn dort kein automatisches Faxgerät steht.
Bitte schicken Sie auch je eine unterschriebene Kopie der Appelle an die beiden jeweils unten angegebenen Adressen.
Es grüßt Sie
Linda Corleis
Referentin „Brot für die Welt“
Es folgt eine freie Übersetzung der gleichlautenden beigefügten Briefe
Seine Exzellenz Herr Vizepräsident Garzón / Sehr geehrter Herr Minister Vargas,
von Amnesty International und „Brot für die Welt“, Aktion der Evangelischen Kirchen in Deutschland, habe ich erfahren, dass Frau Sandra Viviana Cuellar Gallego während ihrer Reise durch Cali verschwunden ist. Sie war auf dem Weg nach Palmira um an der dortigen Universität einen Vortrag zu halten. Sie ist Leiterin der Nicht-Regierungs-Organisation „Surviviendo“, die sich für den Schutz von Wasserregionen, unter anderem von Flussbetten, und die Erhaltung von Feuchtgebieten einsetzt.
Ich mache mir große Sorgen um die Sicherheit von Frau Cuellar Gallego und bitte Sie darum, alles erdenklich Mögliche dafür zu tun, dass sie unversehrt nach Hause kommt.
Ich fordere Sie hiermit dazu auf, eine vollständige und unparteiische Untersuchung zur Ermittlung des Aufenthaltsortes von Sandra Viviana Cuellar Gallego einzuleiten, die Ergebnisse zu veröffentlichen und die Verantwortlichen vor Gericht zu stellen.
Ich möchte Sie zudem an Ihre Verpflichtung aus der UN-Erklärung zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern von 1998 erinnern, der zufolge MenschenrechtsverteidigerInnen das Recht haben, ihre Arbeit ohne Einschränkung und Angst vor Repressalien auszuführen.
Hochachtungsvoll
Bitte schicken Sie die Appelle an:
siehe Adresskopf der beigefügten Briefe:
http://www.kolko.de/downloads/span_brief_umweltschue_1.pdf
Vizepräsident Angelino Garzón
Innen- und Justizminister Germán Vargas Lleras
Kopien jeweils beider Briefe an:
– Botschaft der Republik Kolumbien, I. E. Frau Dr. M. D. V. Mejía Marulanda
– Generalstaatsanwalt / Fiscal General de la Nación, Frau Viviane Morales
Wir fügen die Kopien entsprechend in der Anlage bei – bitte unterzeichnen Sie diese wie das Original.
http://www.kolko.de/downloads/span_brief_umweltschue_1.pdf