Pressemitteilung von Misereor zu Kolumbien: Hungertod am Rande des Kohlebergbaus
Kohlebergbaus – Mehr als 4.700 Kinder sterben. MISEREOR fordert Menschenrechte ein.
Mehr als 4.700 Kinder sterben im kolumbianischen La Guajira infolge von Dürre und Wassermangel. MISEREOR fordert Einhaltung von Menschenrechten.
(Berlin, 01.08.2016) Projektpartner des Werkes für Entwicklungszusammenarbeit MISEREOR schlagen Alarm: In der ohnehin schon armen Region La Guajira im Nordosten Kolumbiens verschärfen sich Hunger und Wasserknappheit. Als eine der Ursachen sehen sie den expansiven Kohlebergbau in La Guajira. Nach Recherchen von MISEREOR ist Deutschland neben Großbritannien der wichtigste Importeur kolumbianischer Kohle, der Abbau ist nach wie vor mit massiven Menschenrechtsverletzungen verbunden.
Im kolumbianischen Bundesstaat La Guajira sind wieder Kinder verhungert und verdurstet. Darauf macht der kolumbianische MISEREOR-Partner „Corporación Colectivo de Abogados José Alvear Restrepo“ (CCAJAR) aufmerksam. Nach Erhebungen der betroffenen indigenen Gemeinden der Wayúu seien innerhalb der letzten acht Jahre bereits mehr als 4.700 Kinder an den Folgen von chronischer Unterernährung gestorben. „Die Menschen in der ohnehin sehr trockenen Region leiden unter den Folgen von Dürre und Wassermangel“, warnt Jomary Ortegon, Präsidentin von CCAJAR. Die Niederschläge seien in den vergangenen Jahren immer weiter zurückgegangen, dazu kämen die negativen Auswirkungen des Wetterphänomens El Niño. „Dramatisch verstärkt wird die Trockenheit jedoch insbesondere durch den größten Kohletagebau in Lateinamerika, Cerrejón, der gravierende Umweltauswirkungen mit sich bringt.“ Um die Relation deutlich zu machen: Laut CCAJAR verbraucht Cerrejón täglich 17 Millionen Liter Wasser. Dagegen müssen die Bewohnerinnen und Bewohner in der Region mit nur 0,7 Liter am Tag auskommen.
Menschenrechtsverletzungen durch Kohlebergbau
„Beim Abbau der Steinkohle werden die wasserführenden Schichten in der Erde und damit die Wasserreserven zerstört, der Grundwasserspiegel sinkt immer weiter, das Wasser ist verschmutzt“, mahnt Ortegon. CCAJAR wirft der kolumbianischen Regierung vor, dass sie nicht angemessen auf die angespannte Wassersituation reagiert. Statt in die öffentliche Infrastruktur zu investieren und die öffentliche Wasserversorgung zu gewährleisten, würden Wasserquellen und die Nutzung des wichtigsten Flusses in der Region privatisiert und Bergbauunternehmen zur Verfügung gestellt. Die Gemeinden seien in Folge von ihnen abhängig. CCAJAR kritisiert: „Der kolumbianische Staat leistet zwar zum Teil humanitäre Hilfe, die angesichts der dramatischen Situation auch dringend notwendig ist.“ Die strukturellen Probleme bei der öffentlichen Wasserversorgung und die enorme Korruption gehe er jedoch nicht an. Immer wieder käme es im Zusammenhang mit dem Kohlebergbau zu Menschenrechtsverletzungen und Umsiedlungen.
Sorgfaltspflicht: MISEREOR appelliert an deutsche Energieunternehmen
MISEREOR und CCAJAR appellieren an die internationale Gemeinschaft, Mitverantwortung für die Menschenrechtssituation in La Guajira übernehmen. Die Situation in der Region zeige erneut, dass der Kohlebergbau die negativen Folgen des Klimawandels extrem verschärfe. „Ein Großteil der kolumbianischen Kohle wird in die EU und nach Deutschland exportiert“, erklärt Susanne Breuer, MISEREOR-Referentin für Energie und Lateinamerika. „Wir appellieren deshalb an die kohleimportierenden deutschen Energieunternehmen, auch von ihren Lieferanten die Einhaltung menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten einzufordern.“
Ein wichtiger Schritt sei der Nationale Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte, mit dem die Bundesregierung dafür sorgen wolle, dass deutsche Unternehmen Verantwortung für menschenrechtliche Risiken im Ausland übernehmen. Über den Entwurf des Aktionsplans werde zurzeit in Berlin beraten. „Wichtig ist, dass das Papier am Ende nicht nur unverbindliche Empfehlungen enthält“, so Breuer, „sondern klare Regelungen, die Unternehmen gesetzlich verpflichten, Menschenrechte im Ausland zu achten – und zwar entlang der gesamten Lieferkette.“