30.03.2016. Vor genau einem Jahr befanden sich zwei VertreterInnen der
ask! mit Ivan Glasenberg und dem obersten Glencore-Management sowie mit
zwei BürgerInnen aus dem Knonauer Amt in Kolumbien, um über die
Unternehmenspolitik zu diskutieren und von Glencores Kohleminen
betroffene Gemeinschaften zu besuchen. Dabei versprach Ivan Glasenberg,
die umgesiedelten Gemeinschaften mit Wasser zu versorgen und die
Umsiedlungsprozesse zu beschleunigen. Passiert ist ein Jahr später noch
fast nichts. Aus diesem Grund überreicht die ask! Glencore heute einen
von rund 70 Persönlichkeiten unterzeichneten offenen Brief, in dem
einmal mehr dringende Lösungen für die betroffenen Gemeinschaften
gefordert werden.
Im Januar 2015 stellte die ask! Glencore ihren gemeinsam mit der
kolumbianischen NGO PAS verfassten Schattenbericht zu, mit der Bitte,
eine schriftliche Stellungnahme abzugeben. Daraufhin schlug Glencore
eine Besprechung des Berichts in Kolumbien vor. Gleichzeitig
überreichten Bürger aus dem Knonauer Amt Glencore einen Bericht über
ihre im Januar 2015 erfolgte Reise zu Glencores Kohleminen in Kolumbien.
So kam es, dass Ivan Glasenberg VertreterInnen der ask! und aus dem
Knonauer Amt einlud, mit ihm nach Kolumbien zu kommen. Glasenbergs
Ansage vor Reiseantritt: Wir werden alle Themen durchgehen, und wo es
Probleme gibt, werde ich sie lösen!
Während vier Tagen führten wir mit dem obersten Kohlemanagement
Glencores sowie dem Topmanagement der Tochterfirmen Prodeco und Cerrejón
(33% Anteil Glencores) Gespräche über eine Vielzahl von Themen
(Umweltbelange, Arbeitsbedingungen und Gewerkschaftsrechte,
Menschenrechte, Steuern, Umsiedlungen) und besuchten mehrere
Gemeinschaften im Umsiedlungsprozess und im Einflussbereich von
Glencores Kohleminen. Die besuchten Gemeinschaften beklagten sich v.a.
über zu wenig und verschmutztes Trinkwasser, zu wenig Land für Viehzucht
und Landwirtschaft und fehlende Bewässerung, mangelnde
Einkommensmöglichkeiten und fehlende Perspektiven in den neuen
Siedlungen. Insbesondere die indigene Gemeinschaft Tamaquito verfügte
über kein Wasser. El Hatillo, eine Gemeinschaft die auf Anordnung des
Umweltministeriums wegen Luftverschmutzung umgesiedelt werden muss und
durch PAS begleitet wird, beklagte sich über den schleppenden Verlauf
des Umsiedlungsprozesses, über Gesundheitsprobleme und eine kritische
sozioökonomische Lage.
Nebst allgemeinen Zusicherungen auch des lokalen Managements, sich
weiter für das Wohlergehen der Gemeinschaften einzusetzen, versprach
Ivan Glasenberg insbesondere Wasser für Tamaquito und dafür zu sorgen,
dass der Umsiedlungsprozess in El Hatillo schneller und doch gut
vorwärts gehe. Heute, ein Jahr später, ist von all dem kaum etwas
verwirklicht. Tamaquito bekommt zwar Wasser in Kanistern geliefert, aber
in ungenügender Menge und in zweifelhafter Qualität. Eine gesicherte
Versorgung mit sauberem Trinkwasser existiert nach wie vor nicht. Die
fünf besuchten Gemeinschaften in der Guajira verhandelten während des
ganzen letzten Jahres mit Cerrejón über die damals beklagten Probleme,
ohne wirkliche Lösungen zu erreichen. Die Landknappheit und die prekäre
Einkommenssituation sowie die mangelhaften Dienstleistungen bestehen
weiter. Deshalb kehrten mehrere Familien aus den Gemeinschaften an die
alten Orte zurück, um zusätzlichen Druck für definitive Lösungen
auszuüben. In einer der Gemeinschaften wurde die letzte am alten Ort
ausharrende Familie am 24. Februar 2016 gewaltsam enteignet. In El
Hatillo wurden das Team und der Operator, die die Umsiedlung durchführen
müssen, ausgetauscht, die Verhandlungen wurden beschleunigt. Trotzdem
konnte noch kein Verhandlungsblock abgeschlossen werden und mussten
Fristen wieder verlängert werden, während die Zermürbung in der
Gemeinschaft anhält.
Die ask! konnte bei Glencore und den kolumbianischen Tochterfirmen bis
jetzt keinen Willen sehen, die vor einem Jahr thematisierten Probleme
wirklich anzugehen. Die Situation hat sich eher verschlechtert, während
Glencore und die Tochterfirmen farbige Prospekte und schöne CSR-Slogans
produzieren. Entgegen dem Versprechen von Glasenberg, „if there is a
problem, we will fix it“, kämpfen die Gemeinschaften weiter vergebens um
ihre Rechte und um die Anerkennung ihrer Lebensgrundlage, ihrer Kultur
und Lebensweise. Die ask! erhoffte sich von der Reise eine qualitative
Verbesserung der Diskussionen mit Glencore, aber auch dies wurde
enttäuscht. Es ging Glencore wohl in erster Linie um den Versuch,
Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen.
(weitere Informationen und Berichterstattung unter:
http://www.askonline.ch/)
Offener Brief an CEO Glasenberg, den auch kolko e.V. unterzeichnet hat,
zum download: