amnesty international
UA-141/2012-1, Index: AMR 23/022/2012 07. Juni 2012
Am 1. Juni wurde am Haus von Juan David Díaz Chamorro, einem Mitglied von MOVICE aus Sincelejo, Nord-Kolumbien, eine Morddrohung hinterlassen. Sie richtete sich außerdem an andere MenschenrechtsverteidigerInnen, die sich für die Rückgabe von Land einsetzen.
Am 1. Juni fand ein Polizist, der für den Schutz des Menschenrechtsverteidigers Juan David Díaz Chamorro in Sincelojo im Departemento Sucre verantwortlich ist, ein Paket auf der Terrasse des Hauses. Es beinhaltete zehn weiße, in Papier eingewickelte Kerzen. Auf dem Papier stand: „Juan Diaz [sic] sei hiermit gewarnt und informiert, dass wir dich vollständig identifiziert haben und wissen, wo du bist. Wir wissen, dass du zu den Hurensöhnen gehörst, die behaupten, Menschenrechtsverteidiger zu sein, und mit dieser Entschuldigung den wahren Eigentümern ihr Land wegzunehmen, um es schließlich einer Handvoll Guerrillas zu übergeben. […] und jetzt stellt ihr euch als Opfer dar, um euch La Europa und La Alemania anzueignen. […] wir werden euch alle aus dem Weg räumen.“ Juan David Díaz Chamorro ist ein Mitglied der regierungsunabhängigen Menschenrechtsorganisation „Nationale Bewegung der Opfer von Staatsverbrechen“ (Movimiento Nacional de Víctimas de Crímenes de Estado – MOVICE) in der Zweigstelle Sucre. Sie setzt sich für die Rückgabe von Grundstücken im Departemento Sucre ein. Zu diesen Grundstücken zählen die Farmen „La Europa“ und „La Alemania“.
„Leibwächter oder die Regierung sind nutzlos. Für jeden von euch gibt es eine Kugel“, so heißt es weiter in der von der „Armee gegen die Landrückgabe“ (ejercito [sic] antirestitucion [sic]) unterzeichneten Notiz. Mehrere Mitglieder von MOVICE Sucre wurden wiederholt mit dem Tode bedroht. Anfang diesen Jahres wurde das „Gesetz über Entschädigungen für Opfer und über Landrückgabe“ verabschiedet. Seit Februar 2012 wurde in mehreren Teilen Kolumbiens von Gruppierungen berichtet, die sich als „Armeen gegen die Landrückgabe“ bezeichnen.
EMPFOHLENE AKTIONEN
SCHREIBEN SIE BITTE FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN
- Ich fordere Sie auf, nach genauer Absprache mit den Betroffenen, Schutzmaßnahmen für Juan David Díaz Chamorro und weitere Mitglieder von MOVICE zu ergreifen.
- Ich bitte Sie eindringlich, eine vollständige und unabhängige Untersuchung zu den Morddrohungen gegen Juan David Díaz Chamorro einzuleiten. Sorgen Sie bitte dafür, dass die Ergebnisse dieser Untersuchungen anschließend veröffentlicht werden, und bringen Sie die Verantwortlichen vor Gericht.
- Ich möchte Sie zudem daran erinnern, dass Kolumbien Vertragsstaat der UN-Erklärung zum Schutz von MenschenrechtsverteidigerInnen aus dem Jahr 1998 ist und Sie somit die Pflicht haben, MenschenrechtlerInnen zu schützen.
- Ich fordere Sie weiterhin auf, im Rahmen der Anweisungen und Empfehlungen der Vereinten Nationen und anderen Organen sofort Schritte gegen paramilitärische Gruppen einzuleiten und ihre Verbindungen zu Sicherheitskräften aufzulösen.
APPELLE AN
PRÄSIDENT
Sr. Juan Manuel Santos
Presidente de la República de Colombia
Palacio de Nariño, Carrera 8 No. 7-26
Bogotá D. C., KOLUMBIEN
(korrekte Anrede: Excmo. Sr. Presidente Santos /
Dear President Santos / Sehr geehrter Herr Präsident)
FAX: (00 57) 1 556 2071
JUSITZMINISTER
María Angela Holguín
Ministerio de Relaciones Exteriores
Palacio San Carlos
Calle 10 No. 5-51
Bogotá D.C., KOLUMBIEN
(korrekte Anrede: Estimada Señora Ministra/ Dear Minister/ Sehr geehrte Ministerin)
Fax: (0057) 1 381 4742 (warten Sie bitte auf den Signalton)
KOPIEN AN
MOVICE
Movimiento Nacional de Víctimas de Crímenes de Estado
Calle 38 No 28 A 30
Barrio Bogotá, Sincelejo
KOLUMBIEN
BOTSCHAFT DER REPUBLIK KOLUMBIEN
S.E. Herrn Juan Mayr Maldonado
Kurfürstenstr. 84
10787 Berlin
Fax: 030-2639 6125
E-Mail: info@botschaft-kolumbien.de
Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Spanisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 19. Juli 2012 keine Appelle mehr zu verschicken.
HINTERGRUNDINFORMATIONEN
MOVICE ist ein Zusammenschluss von verschiedenen zivilgesellschaftlichen Organisationen und setzt sich für Wahrheit, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung für die Opfer von Menschenrechtsverletzungen in Kolumbiens lang anhaltendem bewaffneten internen Konflikt ein. Die Mitglieder von MOVICE haben bereits viele Fälle von Tötungen und Verschwindenlassen im Departamento Sucre dokumentiert und aufgedeckt, die auf das Konto von Sicherheitskräften und paramilitärischen Gruppen gingen. Am 6. März organisierte MOVICE Protestmärsche, mit denen insbesondere die Umsetzung eines wirksamen und umfassenden Prozesses für die Rückgabe von Grundstücken gefordert wurde, die von allen am Konflikt beteiligten Parteien gewaltsam vereinnahmt worden waren – von Paramilitärs, Sicherheitskräften und Guerillagruppen.
Die Mitglieder der MOVICE-Zweigstelle in Sucre setzen sich für die Rückgabe von Grundstücken ein, darunter auch in den Fällen der Farmen „La Alemania“ und „La Europa“. Am 23. März 2011 wurde Verbel Roacha, Mitglied von MOVICE, von Paramilitärs getötet. MOVICE-Mitglied Rogelio Martínez wurde aufgrund seines Einsatzes für die Rückgabe der Farm „La Alemania“ am 18. Mai 2010 umgebracht. Andere Mitglieder von MOVICE sehen sich mit Morddrohungen und Angriffen konfrontiert.
Juan David Díaz Chamorro ist der Sohn des ehemaligen Bürgermeisters von El Roble in Sucre, Eudaldo Díaz. Dieser wurde am 10. April 2003 getötet, nachdem er am 1. Februar 2003 an einem von Präsident Álvaro Uribe geleitetes Treffen mit kommunalen Spitzen teilgenommen hatte. Eudaldo Díaz hatte Verbindungen zwischen Paramilitärs und KommunalpolitikerInnen verurteilt. Wie berichtet wurde sagte er, dass der damalige Chef des Geheimdienstes (Departamento Administrativo de Seguridad – DAS) in Sucre einen Geheimdienstbericht geschrieben hatte, in dem Eudaldo Díaz als „Guerrilla“ bezeichnet wurde. Juan David Díaz Chamorro wurde an dem Tag von Paramilitärs bedroht, an dem sein Vater getötet wurde. Er überlebte einige weitere Tötungsversuche.
Die Sicherheitskräfte und paramilitärischen Gruppen haben schon oft Mitglieder von Menschenrechtsorganisationen und Gewerkschaften als „Guerrilla-Kollaborateure“ oder „Guerrilla-Unterstützer“ verurteilt, sie bedroht, entführt oder getötet.
PLEASE WRITE IMMEDIATELY
- Urge the authorities to guarantee the safety of Juan David Díaz Chamorro and other members of MOVICE Sucre, in strict accordance with their wishes;
- Urge the Colombian authorities to order full and impartial investigations into the death threats against Juan David Díaz Chamorro; to publish the results and bring those responsible to justice;
- Remind the Colombian authorities to fulfill their obligations regarding the protections of human rights defenders as specified in the 1998 UN Declaration on Human Rights Defenders;
- Urge them to take immediate action to dismantle paramilitary groups and break their links with the security forces, in line with stated government commitments and recommendations made by the UN and other bodies.