aus: Kolumbien Aktuell Newsletter No. 518
01.10.2012 | von Stephan Suhner
In einem Communiqué vom 22. September 2012 denunziert ASOCAB unterstützt von mehreren kolumbianischen und internationalen NGOs verschiedene neue, gravierende Vorfälle. Kurz darauf stellte das Landreforminstitut INCODER fest, dass ein Grossteil des umstrittenen Landes untituliertes Staatsland ist und somit den Kleinbauern zugesprochen werden könne. Nichts desto trotz gehen die Drohungen seitens des Palmunternehmens Aportes San Isidro verstärkt weiter.
In unserem letzten Up-date zu Las Pavas von Ende August berichteten wir von der Invasion der Grundstücke die ASOCAB nutzte durch Arbeiter von Aportes San Isidro, wobei auch Nahrungsmittelpflanzungen der Gemeinschaft ze4rstört wurden. Am 17. September 2012 hatte ASOCAB nun begonnen, zwanzig Hektaren Mais erneut anzusäen, nachdem das Unternehmen Aportes San Isidro S.A.S. die ganze Maispflanzung zerstört hatte. Während der ganzen Woche vom 17. bis 23. September 2012 wurden die 120 Familien von ASOCAB durch eine Gruppe von Personen bedroht, die durch das Palmunternehmen angestellt worden waren. Diese Gruppe drohte insbesondere damit, die Pflanzungen der Kleinbauern erneut zu zerstören. Am 21. September wurde Javier Montenegro, Leibwächter einer der Führungspersonen der ASOCAB, durch Mario Marmol mit dem Tod bedroht. Montenegro wurde den Führungspersonen der ASOCAB durch das Nationale Schutzprogramm für bedrohte Personen zugeteilt. Mario Marmol ist in der Gegend als Paramilitär bekannt, der sich nicht am Desmobilisierungsprozess beteiligt hatte und der nun als Verwalter der umstrittenen Ländereien für Aportes San Isidro tätig ist. Zudem konnte auch die Präsenz von anderen, der Gemeinschaft ASOCAB total unbekannte bewaffnete Personen beobachtet werden, die auf den umstrittenen Grundstücken patrouillieren und so ASOCAB an der Ausübung des Besitzrechts stören wollen. Am 21. September nachmittags kamen Polizisten aus Regidor nach Las Pavas und wurden von Mitglieder von ASOCAB und internationalen Begleitern nach den Schutzmassnahmen gefragt, worauf diese antworteten, sie seien gekommen und die Klagen der ASOCAB zu verifizieren. Am 22. September betraten am Morgen 80-100 Personen im Dienste von Aportes San Isidro die Grundstücke der Hacienda Las Pavas, und wurden dabei von Personen der privaten Sicherheitsfirmen „Adjunta San Isidro LTDA“ bewacht und von Mario Marmol angeführt. Diese Personen haben weitere Nahrungspflanzungen der Gemeinschaft ASOCAB zerstört, um jeden Hinweis auf eine kleinbäuerliche Nutzung zu zerstören, und pflanzten weiter Palmen an.
Vor dem Hintergrund der andauernden Übergriffe und Drohungen fordert ASOCAB den Staat auf, endlich entschieden zu handeln und die Übergriffe des Unternehmens Aportes San Isidro zu stoppen. Die zuständigen Behördenstellen werden aufgefordert, sofort und dringend die Rechte der Kleinbauern von ASOCAB zu schützen, ihr Recht auf Landbesitz und Ernährung zu garantieren, ebenso einen fairen Prozess über die Besitzrechtserlöschung und die Klärung der rechtmässigen Besitzer zu ermöglichen, um die Restitution dieses Landes durchzuführen. Insbesondere fordern sie die Einhaltung und Umsetzung des Urteils T 267 des Verfassungsgerichts, das die Rechtsansprüche der Kleinbauern auf das Land von Las Pavas provisorisch schützte. Zudem verlangt ASOCAB von der Staatsanwaltschaft, die erneuten Drohungen, Anfeindungen und weitere Verbrechen von Mario Marmol und weiteren Personen zu untersuchen.[1]
Wenige Tage nach diesem eindringlichen Communiqué gab es dann für einmal eine gute Nachricht: nach einem Besitzklärungsprozess der mehrere Monate dauerte und auch Begehungen vor Ort beinhaltete, stellte das INCODER fest, dass zehn der umstrittenen Grundstücke Staatsland sind, somit der geltend gemacht Privatbesitz des Unternehmens Aportes San Isidro nichtig ist. Lediglich über ein Grundstück der zusammengewürfelten Hacienda Las Pavas muss das INCODER noch urteilen[2].
Das INCODER hält ebenfalls fest, dass somit die Kleinbauern, die mehrfach gewaltsam vertrieben worden waren, mit ihren Ansprüchen auf das Land richtig liegen, und dass ihnen das Land nun zugeteilt werden könne. Bevor die Kleinbauern rechtsgenügliche Landtitel erhalten, muss aber noch abgewartet werden, ob das Unternehmen Aportes San Isidro Rekurs beim Staatsrat einreichen wird[3]. Der juristische Kampf ist also noch nicht vollständig gewonnen.
Es ist nicht zu erwarten, dass Aportes San Isidro ihren Anspruch auf das Land einfach so aufgibt. Schon am 29. September 2012, zwei Tage nach der Verfügung des INCODER, kam es zu weiteren gewaltsamen Übergriffen auf Mitglieder von ASOCAB. Am Vormittag des 29. September begaben sich Mario Marmol, Danilo Palacios Benitez und eine dritte unbekannte Person schwer bewaffnet auf ein Grundstück von Las Pavas und bedrohten zwei Jugendliche, die den Boden für die Aussaat vorbereiteten. Sie forderten sie ultimativ auf, mit der Arbeit aufzuhören, und als sich die Jugendlichen weigerten, wurden sie gestossen und bedroht, sie mit dem Gewehrschaft ins Gesicht zu schlagen. Während der ganzen Zeit zielte Mario Marmol mit der Waffe auf die beiden Jugendlichen. Weil sich die beiden Jugendlichen weiter wehrten, liessen die Aggressoren schliesslich von ihnen ab, drohten aber erneut damit, dass sie keine neuen Pflanzungen der ASOCAB dulden würden und dass sie für die Konsequenzen selber verantwortlich wären.[4]
Communiqué ASOCAB auf Spanisch
[1] Communiqué von ASOCAB, NUEVOS HECHOS CONTRA LA COMUNIDAD DE LAS PAVAS, 22. September 2012, retornoalaspavas.files.wordpress.com/2012/09/denuncia-pc3bablica-sep-22-de-2012-1.pdf
[2] El Tiempo, Mil 300 hectáreas de Las Pavas son baldíos: Gobierno,27. September 2012, http://www.eltiempo.com/justicia/mil-300-hectareas-de-las-pavas-son-baldios-gobierno_12261242-4
[3] www.verdadabierta.com, La lucha por la tierra, 27. September 2012. http://www.verdadabierta.com/component/content/article/158-captura-de-rentas-publicas/4236-los-campesinos-ganan-las-pavas/
[4] ASOCAB, DENUNCIA CONTRA APORTES SAN ISIDRO – CONTINUAN LA COMISIÓN DE DELITOS CONTRA LA COMUNIDAD DE ASOCAB, 29. September 2012.