Kolumbien-aktuell No. 518

Kolumbien Aktuell No. 518: Zwei historische Entscheide, einerseits zu Gunsten der Menschenrechtsverteidiger in Kolumbien, andererseits im Fall Las Pavas, haben im September für positive Überraschung gesorgt. Auch mit der Verurteilung von zwei Armeeangehörigen wurde ein klares Zeichen gegen die vorherrschende Straflosigkeit gesetzt.

September 2012

Liebe LeserInnen

Zwei historische Entscheide, einerseits zu Gunsten der Menschenrechtsverteidiger in Kolumbien, andererseits im Fall Las Pavas, haben im September für positive Überraschung gesorgt. Auch mit der Verurteilung von zwei Armeeangehörigen wurde ein klares Zeichen gegen die vorherrschende Straflosigkeit gesetzt.

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I.  Artikel

1.  Der Krieg gegen die Drogen – ein verlorener Krieg (von Ann-Seline Fankhauser)
Der Krieg gegen die Drogen ist gescheitert. Zu dieser Einsicht kommen immer mehr Staatschefs Amerikas und fordern zu einem Umdenken auf.
http://www.askonline.ch/themen/natuerliche-ressourcen-und-agrarfrage/drogen/verlorener-drogenkrieg/

2.   Las Pavas zwischen Hoffnung und neuen Drohungen (von Stephan Suhner)
In einem Communiqué vom 22. September 2012 denunziert ASOCAB unterstützt von mehreren kolumbianischen und internationalen NGOs verschiedene neue, gravierende Vorfälle. Kurz darauf stellte das Landreforminstitut INCODER fest, dass ein Grossteil des umstrittenen Landes untituliertes Staatsland ist und somit den Kleinbauern zugesprochen werden könne. Nichts desto trotz gehen die Drohungen seitens des Palmunternehmens Aportes San Isidro verstärkt weiter.
http://www.askonline.ch/themen/natuerliche-ressourcen-und-agrarfrage/der-fall-las-pavas/incoder-erklaert-pavas-zu-staatsland/

II.   Apropos

Vom „Friedensstifter“ zum Verurteilten
Ende August wurde der Ex-General Rito Alejo del Río wegen des Mordes an Marino López Mena zu 26 Jahren Haft verurteilt. Der Afrokolumbianer wurde im Februar 1997 während der Militäroperation Génesis in der Region von Cacarica und Salaquí im Department Chocó durch Paramilitärs auf grausame Weise umgebracht.
In seiner Fuktion als Kommandierender der 17. Brigade übersah del Río stillschweigend Morde und Vertreibungen durch die Paramilitärs und arbeitete nach Aussagen verschiedener Paramilitär-Chefs während der sogenannten Befriedung des Urabá zwischen 1995 und 1997 eng mit diesen zusammen. Im Rahmen seiner massgeblichen Beteiligung bei der Konsolidierung der Paramilitärs im Urabá werden dem Ex-General Rito Alejo del Río mehr als 300 weitere Verbrechen – Morde, Massaker, Verschwindenlassen – zugeschrieben.
http://justiciaypazcolombia.com/26-anos-de-condena-al-General-r
http://www.elespectador.com/impreso/temadeldia/articulo-370028-rito-alejo-del-rio-el-pacificador-condenado

Höchststrafe für Leutnant
Im Fall von zwei Vergewaltigungen und des dreifachen Mordes an Kindern in Arauca im Jahr 2010 wurde Ex-Leutnant Raúl Muñoz Linares zur höchstmöglichen Strafe von 60 Jahren verurteilt. Nachdem die für den Fall zuständige Richterin in Arauca ermordet worden war, wurde der Fall zur Verhandlung nach Bogotá verlegt.
http://confidencialcolombia.com/es/1/104/2227/Condenado-a-60-a%C3%B1os-de-prisi%C3%B3n-mu%C3%B1oz-tame-ni%C3%B1os-condena-violaci%C3%B3n-ej%C3%A9rcito-nacional-colombia.htm

Verbrechen an Menschenrechtsverteidiger als Verbrechen gegen die Menschlichkeit
In einem historischen Entscheid hat das Oberste Gericht Kolumbiens beschlossen, dass Verbrechen an Menschenrechtsverteidigern und an in Landrückgabeprozesse involvierte Personen fortan als Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu deklarieren sind.
Die Gewaltverbrechen (Morde, Entführungen, Folter, etc.) an dieser Gesellschaftsgruppe sind als eine generalisierte Gewalt und systematische Verfolgung mit einem klaren kriminellen Ziel einzustufen. Im ersten Halbjahr 2012 wurden insgesamt 163 Angriffe gegen Menschenrechtsverteidiger registriert. Allein seit 2010 sind 110 Menschenrechtsverteidiger in Kolumbien ermordet worden.
http://www.colectivodeabogados.org/Crimenes-de-defensores-de-derechos

Nationaler Preis für die Verteidigung der Menschenrechte in Kolumbien
Mit dem Preis, der dieses Jahr zum ersten Mal verliehen wurde, beabsichtigen die Initianten, das Bewusstsein für die wichtige Arbeit der Menschenrechtsverteidiger in Kolumbien in der Zivilgesellschaft zu stärken. Ausgezeichnet wurden Judith Maldonado in der Kategorie „MenschenrechtsverteidigerIn des Jahres“, Jackeline Rojas für ihr lebenslanges Engagement (Kategorie: „Ein ganzes Leben“) und das Anwaltskollektiv José Alvear Restrepo in der Kategorie „Kollektive Prozesse“.
http://www.semana.com/nacion/anuncian-ganadores-del-premio-nacional-ddhh/184200-3.aspx

Illegale bewaffnete Gruppen finanzieren sich zunehmend über illegale Minen
Mit den gestiegenen Rohstoffpreisen auf dem Weltmarkt und der zunehmenden Präsenz Multinationaler Unternehmen in Kolumbien ist der Abbau natürlicher Ressourcen auch für die bewaffneten illegalen Akteure zu einer alternativen und extrem lukrativen Geldquelle geworden. Dem Bericht Actores Armados Ilegales y Sector Extractivo en Colombia des internationalen Zentrums für Frieden Toledo zu Folge, sind drei unterschiedliche Vorgehensweisen der illegalen Akteure (Guerilla, Bacrim, etc.) zu beobachten. So kontrollieren die Gruppen eigene illegale Minen oder erpressen die Goldschürfer und ziehen Schutzgeld ein. 2010 kamen 86% der nationalen Goldproduktion aus dem informellen Abbau. 50% der Minen sind illegal, ein Grossteil wird von illegalen bewaffneten Gruppen kontrolliert. Die Farc bezieht rund 20% ihrer Mittel aus dem illegalen Minengeschäft.
Eine weitere wichtige Geldquelle sind die Multinationalen Unternehmen, die oftmals hohe Schutzgeldzahlungen an die lokal dominante bewaffnete Gruppe zahlen, um ungestört abbauen zu können. Es existieren keine exakten Zahlen, doch geht man im Ölsektor davon aus, dass die Zahlungen 10% des Wertes eines Barrel Erdöl betragen dürften. Seit 2010 haben auch die Entführungen von Angestellten oder die Zerstörung von Infrastruktur stark zugenommen.
Schlussendlich gelingt es den bewaffneten illegalen Gruppen – gewaltsam oder über Abmachungen – an die staatlichen Zahlung (regalías), die der Staat an die Gemeinden entrichtet, in denen Minen betrieben werden oder Öl gefördert wird, zu kommen.
Die Zunehmende Präsenz der bewaffneten illegalen Akteure beim Abbau natürlicher Ressourcen in Kolumbien ist insofern alarmierend, als dass 80% der Menschenrechtsverletzungen während der letzten 10 Jahre in den Regionen geschahen in denen natürliche Ressourcen abgebaut werden. Zudem stammen 87% aller intern vertriebenen Personen aus diesen Gegenden.
http://www.eltiempo.com/justicia/ARTICULO-WEB-NEW_NOTA_INTERIOR-12214227.html
Bericht CITpax: http://www.toledopax.org/uploads/Actores_armados_ilegales_sector_extractivo.pdf

Geben Sie das Land zurück Herr Präsident!
Seit Jahren kämpfen die Gemeinschaften an den Flüssen Curbaradó und Jiguamiandó in Kolumbien um die Rückgabe ihres Landes. Bereits 2009 hatten sich in Deutschland mehr als zehntausend Menschen an einer Postkartenaktion beteiligt, um sie dabei zu unterstützen. Ein Urteil des kolumbianischen Verfassungsgerichtes von Mai 2010 hat ihre Rechte gestärkt, doch im Zuge einer Registrierung der Bevölkerung im Vorfeld geplanter Gemeinderatswahlen nehmen Drohungen zu.
Die Gemeinden kämpfen um ihr Land – zeigen Sie, dass sie dabei nicht alleine sind! Senden Sie eine Protest-Postkarte an den kolumbianischen Präsidenten oder beteiligen Sie sich online an dieser Aktion!
Weitere Informationen und die Online-Aktion unter: https://www.kolko.net/land/?Lang=4

III.  Tipps und Hinweise

Die EU als Bedrohung – die Folgen des Freihandelsabkommen für Kolumbien
Kolumbien ist das erste Entwicklungsland, mit dem die EU solch ein Abkommen schließt. Gewerkschaften und NGOs rechnen mit enorm negativen Auswirkungen auf Kolumbien: EU-Produkte werden den Markt überschwemmen. Profiteure sind die großen multinationalen Konzerne, Leidtragende sind die einfachen Bauern.
Hören sie den Beitrag unter: http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/weltzeit/1850728/

Ehemalige PBI Freiwillige berichten von ihrem Einsatz in Kolumbien
Die negativen Auswirkungen des transnationalen Bergbaus auf die
Rechte der Indigenen und Kleinbauern werden dabei im Mittepunkt stehen.
Bern | 13. Okt. | 14.00 | Villa Bernau, Seftigenstr. 243, 3084 Wabern
Infos und Flyer: http://www.askonline.ch/veranstaltungen/

Begleiten und Schützen als Menschenrechtsbeobachter/in
Peace Watch Training Menschenrechtsbegleitung
28. Okt. – 03. Nov.
Infos: http://www.peacewatch.ch/

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Redaktion: Ann-Seline Fankhauser

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