Dezember 2012
Liebe LeserInnen
Wir wünschen Ihnen viel Spass bei der Lektüre des letzten Newsletters in diesem Jahr. Wir freuen uns, Sie im nächsten Jahr mit interessanten Hintergrundartikeln und mit hoffentlich überwiegend positiven Neuigkeiten über Kolumbien auf dem Laufenden zu halten.
Solidarische Grüsse aus der Redaktion!
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Dieser Newsletter erscheint seit April 2010 monatlich und hält Sie Kolumbien spezifisch auf dem Laufenden. Sie erfahren Aktuelles über Kolumbien und über die Aktivitäten der Arbeitsgruppe Schweiz-Kolumbien, erhalten lesenswerte Informationen direkt aus dem Land und werden über wichtige Veranstaltungen informiert. Falls Sie den Newsletter nicht mehr erhalten möchten, können Sie ihn jederzeit mit einem Mail abbestellen. [kommunikation@askonline.ch]
I. Artikel
1. Indigene Gemeinschaft der Embera erneut in Bedrängnis (von Ann-Seline Fankhauser)
Zwei Helikopterflüge Ende November über das indigene Schutzgebiet Uradó – Jiguamiandó, welches reich an Gold- und Kupfervorkommnissen ist und deshalb auf dem Radar von Bergbauunternehmen steht, haben erneut Unsicherheit und Angst unter der indigenen Bevölkerung verbreitet.
II. Apropos
Militärjustiz wird ausgeweitet
Mit überwältigender Mehrheit wurde am 11. Dezember die Ausweitung der Militärjustiz ( fuero militar ) durch den kolumbianischen Kongress angenommen, dies trotz der Kritik und der Proteste internationaler Organisationen und Menschenrechtsorganisationen, die in der Verfassungsreform einen historischen Rückschritt im Kampf gegen die Straflosigkeit und den Respekt und die Garantie der Menschenrechte sehen. Künftig werden Menschenrechtsverletzungen und Verletzungen des humanitären Völkerrechts, die durch Militärangehörige während militärischen Operationen begangen werden nicht mehr der Ziviljustiz sondern der Militärgerichtbarkeit unterstellt, dadurch verletzt Kolumbien ratifizierte internationale Menschenrechtsabkommen. Obwohl Verbrechen wie Genozid, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Folter, sexuelle Gewalt, aussergerichtliche Hinrichtungen und gewaltsame Vertreibungen und gewaltsames Verschwindenlassen nicht unter die Miltiärgerichtbarkeit fallen sollen, werden diverse Menschenrechtsverletzungen der Militärjustiz unterstellt sein, so zum Beispiel, willkürliche Festnahmen, grausame, erniedrigende und unmenschliche Behandlung, Verletzungen der Menschenwürde, Kriegsverbrechen bei denen Zivile als Opfer zu beklagen sind und weitere Verbrechen gegen die zivilen, politischen, sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Rechte der Zivilbevölkerung. Grosses Besorgnis besteht hinsichtlich der hängigen Fällen der sogenannten falsos positivos. Da in der Vergangenheit etliche Fälle von falsos positivos als Morde an einer schutzwürdigen Person (homicidio en persona protegida) eingestuft wurden und nicht als aussergerichtliche Hinrichtungen behandelt wurden, besteht die Gefahr, dass auch diese Fälle fortan unter die Militärgerichtbarkeit fallen. Die Tatsache, dass die Militärs im Falle von Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Menschenrechtsverletzungen gegen sich selbst ermitteln, garantiert praktisch die Straffreiheit, umsomehr als dass die fehlende Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der kolumbianischen Militärjustiz gemeinhin bekannt ist.
Ausführliche Analyse von HRW: http://www.hrw.org/es/news/2012/10/25/colombia-carta-al-presidente-santos-criticando-ampliaci-n-del-fuero-militar
Eine weitere ausführliche Analyse: http://otramerica.com/radar/quieres-entender-la-trascendencia-fuero-militar-aprobado-colombia/2711
EU: Wirtschaftsinteressen haben Vorrang gegenüber Menschenrechten
Am 11. Dezember ratifizierte das EU Parlament mit grosser Mehrheit das Freihandelsabkommen mit Kolumbien und Peru (486 Ja; 147 Nein; 41 Enthaltungen) und gab somit den Wirtschaftsinteressen Vorrang gegenüber den Menschenrechten und einer nachhaltigen Entwicklung. 160 lateinamerikanische und europäische Nichtregierungsorganisationen hatten das EU-Parlament noch im Oktober in einem Brief dazu aufgefordert, das Abkommen nicht zu ratifizieren und hatten auf die dramatischen Konsequenzen eines solchen Abkommens für die Menschenrechte, die Ernährungssouveränität der Gemeinschaften, die Umweltverschmutzung und die Zerstörung diverser Wirtschaftssektoren aufmerksam gemacht.
Kolumbien von „schwarzer Liste“ wegen Menschenrechtsverletzungen gestrichen
Seit 11 Jahren wurde Kolumbien augrund der Einschränkung fundamentaler Rechte und schwerer Menschenrechtsverletzungen im Kapitel 4, der sogenannten „schwarzen Liste“ des Jahresberichtes der Interamerikanischen Kommission für Menschenrechte (IAKMR) aufgeführt. Nach dem ersten Besuch des Landes seit 2004 durch eine Delegation der IAKMR erklärte der Vizepräsident der Kommission, Felipe González, dass die momentane Streichung Kolumbiens aus dem Kapitel 4 in keiner Weise einer Beurteilung über die tatsächliche Menschenrechtslage im Lande gleichgesetzt werden könne. Zu diesem Entscheid habe die Einwilligung Kolumbiens zu einem Besuch des Landes durch die IAKMR-Delegation geführt, der nun eine andere Art der Analyse der Menschenrechtssituation im Land ermöglicht. Falls die Empfehlungen der Kommission befriedigend erfüllt werden, könnte Kolumbien schon 2014 definitv aus dem Kapitel 4 enfernt werden.
http://www.eltiempo.com/politica/ARTICULO-WEB-NEW_NOTA_INTERIOR-12433093.html
Anzeige gegen Uribe vor dem Internationalen Gerichtshof
Anfang Dezember reichte der Kongressabgeordnete Iván Cepeda vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag eine formelle Anzeige gegen Alvaro Uribe Vélez ein. Dieser soll für die Verfolgung von politischen Oppositionellen, Richtern, Menschenrechtsverteidigern und Journalisten und für die kriminellen Handlungen des kolumbianischen Sicherheitsdienstes DAS (Departamento Administrativo de Seguridad) während seiner Präsidentschaft zur Verantwortung gezogen werden. Der Anklage zufolge ist die Verfolgung der politischen Opposition während der Ära Uribe als systematisch und generalisiert zu betrachten und sollte demnach als Verbrechen gegen die Menschlichkeit untersucht werden. Da der Sicherheitsdienst direkt dem Präsidenten unterstellt ist, muss der Ex-Präsident als höchster Verantwortlicher dieser Verbrechen betrachtet werden und somit auch strafrechtlich verfolgt werden. Gegen Uribe sind bis heute 287 Anzeigen vor der Untersuchungskommission des Kolumbianischen Kongresses eingegangen (Comisión de Investigación y Acusación de la Cámara).
http://www.elespectador.com/noticias/politica/articulo-391408-denuncia-contra-uribe-cpi
Forum zur integralen landwirtschaftlichen Entwicklung
Zum Foro Política de Desarrollo Agrario Integral – Enfoque territorial, welches durch die Vereinten Nationen in Kolumbien und durch das Centro de Pensamiento y Seguimiento al Proceso de Paz der Kolumbianische Nationaluniversität organisiert wurde, hatten die Kolumbianische Regierung und die FARC in einem gemeinsamen Communiqué Ende November aufgerufen. Vom 17. bis zum 19. Dezember diskutierten in Bogotá 1314 Vertreter aus 522 Organisationen, sozialen Bewegungen und diversen Sektoren über ein mögliches landwirtschaftliches Entwicklungsmodell und erarbeiteten rund 400 Vorschläge, welche am 8. Januar in La Habana an den Verhandlungstisch herangetragen werden sollen. Das Forum war die erste Gelegenheit für eine indirekte Teilnahme der Zivilgesellschaft an den Friedensverhandlungen und brachte zum ersten Mal die Produzenten der Agrarindustrie und die Kleinbauern an einen Tisch. Die zivilgesellschaftliche Koalition Congreso de los Pueblos kritisiert jedoch den ausschliesslich konsultativen Charakter des Forums und fordert weiterhin eine wirkliche, direkte und unabhängige Teilnahme der Zivilgesellschaft, deren Vorschläge für die Verhandlungsparteien als bindend zu betrachten seien.
http://www.ipsnoticias.net/nota.asp?idnews=102114
Mord an Mitgliedern der Unión Patriótica als Genozid anerkannt
In einem historischen Urteil deklarierte das Oberste Gericht in Bogotá die Morde an tausenden von Mitgliedern der Union Patriótica in den 80er Jahren als Genozid. Dem Urteil zufolge existierte ein systematischer und zentraler Plan die oppositionelle Partei aufgrund politischer Motive gänzlich oder teilweise auszulöschen. Die Verantwortlichen für den Genozid seien im Zentrum der damaligen politischen Macht zu finden. Auch die massive Beteiligung von Militär und Polizei bei der Planung und Durchführung scheint dem Urteil zufolge erwiesen.
http://amerika21.de/meldung/2012/12/73052/kolumbien-genozid
III. Tipps und Hinweise
Licht ins Dunkel bringen
Transparenz im Rohstoffgeschäft – Was tut die Rohstoffgrossmacht Schweiz?
Podiumsveranstaltung von SWISSAID
Bern | 17. Jan. 2013 | 14.30 – 19.00 | Hotel Ador, Laupenstr.15
Infos und Flyer: http://www.askonline.ch/veranstaltungen/
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Redaktion: Ann-Seline Fankhauser
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