Mehr als 500 Organisationen der Opfer, für Frieden und Menschenrechte,
bitten in einem Offenen Brief an Präsident Santos, an die Führer von
FARC–EP und ELN und an die kolumbianische Gesellschaft, die in Havanna
vereinbarte „Übergangsjustiz“ beizubehalten. Der offene Brief richtet
sich an die Verhandlungsführer von Regierung und FARC-Guerilla.
Darin wird erklärt: …
In konstruktiver Weise nehmen wir öffentlich Stellung zu Aspekten der am
26. September im Friedensabkommen zwischen Regierung und FARC-EP
vorgesehenen Übergangsjustiz („Justicia Transicional“, transitional
justice), deren Inhalte und Reichweite verzerrt dargestellt wurden:
1. Die Vereinbarung sieht vor, dass alle, die im Rahmen des bewaffneten
Konfliktes Verbrechen begangen haben, vor der Justiz Verantwortung für
ihre Taten übernehmen. Das vereinbarte Justizsystem ermöglicht
Fortschritte in der Überwindung der strukturellen Straflosigkeit der
Verbrechen des Staates gegen organisierte Teile der sozialen und der
Menschenrechtsbewegung, deren Opfer Bauern, indigene und Afrogemeinden,
Mitglieder von sozialen Organisationen, Gewerkschafter,
Menschenrechtsverteidiger*innen, Journalisten und oppositionelle
Politiker sind.
2. Das Abkommen stellt die Rechte der Opfer in den Mittelpunkt: auf
Wahrheit,
Gerechtigkeit, Wiedergutmachung und Garantien für die Nichtwiederholung der
Verbrechen. Die Erfüllung dieser Rechte ist Voraussetzung für die Verhängung
der Strafen, die alle Verantwortlichen für Verbrechen im Zusammenhang mit
dem Konflikt erhalten, seien es Militärs, Guerilleros oder beteiligte
Zivilpersonen.
3. Die vorgesehene Einbeziehung von juristischen und außergerichtlichen
Verfahren in das Modell der Übergangsjustiz trägt zur historischen
Aufarbeitung
des Geschehenen im Rahmen der Wahrheitskommission bei. Das humanitäre
Verfahren der Suche nach allen der im Zusammenhang mit dem Konflikt
verschwundenen Personen wird vielen Familien ermöglichen, das Schicksal und
den Ort des Verbleibs ihrer geliebten Menschen zu erfahren. Man schätzt,
dass
es in Kolumbien mehr als 70.000 Verschwunden gibt, von denen mehr als 46.000
im Gemeinsamen Opferregister stehen als aus politischen Gründen gewaltsam
zum Verschwinden Gebrachte.
4. Die Übergangsjustiz gilt vorübergehend, ist von begrenzter Befugnis und
unabhängig von der ordentlichen Justiz und schaltet diese nicht aus.
(…)
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