Miguel Briceño, Sprecher der kleinbäuerlichen Gemeinde El Porvenir im Zentrum Kolumbiens, ist erneut bedroht worden. Es besteht die begründete Sorge, dass die Bewohner_innen sich dazu gezwungen sehen könnten, die Gemeinde zu verlassen.
©Amnesty International
Am 18. Juni erhielt Miguel Briceño, Sprecher der Kleinbauerngemeinde El Porvenir in Puerto Gaían im Departamento Meta, einen Drohanruf von einem Mann, der angab, der Kommandeur der paramilitärischen Selbstverteidigungsgruppe von Kolumbien (Autodefensas Unidas de Colombia) zu sein. Er teilte Miguel Briceño mit, dass paramilitärische Gruppen ihm und seiner Familie bereits seit längerem gefolgt seien. Der Anrufer forderte ein Treffen mit Miguel Briceño und 14 weiteren Personen. Er drohte ihm damit, dass sie, sollten sie seiner Forderung nicht nachkommen, zu einem militärischen Ziel werden würden. In den vergangenen Wochen wurden auf dem Land der Gemeinde El Porvenir drei Männer getötet. Die Männer waren keine Mitglieder der Gemeinde. Der Vorfall löste Angst unter den Gemeindemitgliedern aus und könnte dazu führen, dass sie ihr Land verlassen, weil sie sich nicht länger sicher fühlen.
Die kleinbäuerliche Gemeinschaft El Porvenir nutzt das Land schon seit einem halben Jahrhundert als Weidefläche für Rinder. In den neunziger Jahren wurden staatliche Institutionen damit beauftragt, staatseigenes Land an Kleinbäuerinnen und Kleinbauern zu vergeben, die selbst kein Land besitzen. Das Land wurde jedoch unter illegalen Umständen Víctor Carranza zugesprochen. Víctor Carranza war bis zu seinem Tod im Jahr 2013 einer der mächtigsten Smaragdhändler in Kolumbien. Er wurde schon vor langer Zeit verdächtigt, enge Beziehungen zu paramilitärischen Gruppen zu pflegen. Nachdem Menschenrechtsorganisationen aus Kolumbien Anträge eingereicht hatten, hob das kolumbianische Institut für ländliche Entwicklung (Instituto Colombiano de la Reforma Agraria – INCODER) im Juli 2014 die illegal vergebenen Landtitel mithilfe einer Resolution wieder auf. Am 18. April gab Präsident Juan Manuel Santos an, dass die Erb_innen von Víctor Carranza das Land an den Staat zurückgegeben hätten. Vertreter_innen der Erbengemeinschaft haben jedoch die betroffenen Grundstücke umzäunt, sodass den Gemeindemitgliedern der Zugang verwehrt ist.
BITTE SCHREIBEN SIE
E-MAILS, FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN
Ich fürchte um die Sicherheit von Miguel Briceño und anderen Bewohner_innen der kleinbäuerlichen Gemeinschaft in El Porvenir und fordere Sie deshalb auf, in Absprache mit den Betroffenen, sofort wirksame Maßnahmen zu deren Schutz zu ergreifen.
Bitte leiten Sie eine umfassende und unparteiische Untersuchung zu den Drohungen ein, veröffentlichen Sie die Ergebnisse dieser Untersuchung und stellen Sie die Verantwortlichen vor Gericht.
Ergreifen Sie bitte unverzüglich Maßnahmen, um den Beschluss der INCODER vom Juli 2014 umzusetzen.
Ergreifen Sie außerdem bitte entsprechend den Empfehlungen der Vereinten Nationen unverzüglich Maßnahmen zur Auflösung paramilitärischer Gruppierungen und kappen Sie deren Verbindungen zu den Sicherheitskräften.
APPELLE AN
PRÄSIDENT
Juan Manuel Santos
Presidente de la República
Casa de Nariño
Calle 7. No 6-54.
Bogotá, KOLUMBIEN
(Anrede: Excmo. Sr. Presidente Santos /
Dear President Santos / Sehr geehrter Herr Präsident)
Fax: (00 57) 1 596 0631
MINISTER FÜR LANDWIRTSCHAFT UND LÄNDLICHE ENTWICKLUNG
Aurelio Iragorri Valencia
Ministerio de Agricultura y Desarrollo Rural
Avenida Jiménez No 7-1765, Piso 3
Bogotá, KOLUMBIEN
(Anrede: Dear Minister/ Estimado Sr. Ministro / Sehr geehrter Herr Minister)
E-Mail: despachoministro@minagricultura.gov.co
KOPIEN AN
NICHTREGIERUNGSORGANISATION
Corporación Claretiana Norman Pérez
Bello
Carrera 15 No 14-41
Bogotá, KOLUMBIEN
BOTSCHAFT DER REPUBLIK KOLUMBIEN
S. E. Herrn Juan Mayr Maldonado
Taubenstr. 23
10117 Berlin
Fax: 030-2639 6125
E-Mail: info@botschaft-kolumbien.de
Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Spanisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 4. August 2015 keine Appelle mehr zu verschicken.
HINTERGRUNDINFORMATIONEN
Indigene, afro-kolumbianische und kleinbäuerliche Gemeinschaften sowie Menschenrechtsverteidiger_innen sind nach wie vor diejenigen, die am stärksten unter dem anhaltenden bewaffneten Konflikt im Land zu leiden haben. Alle Konfliktparteien – zum einen die kolumbianischen Streitkräfte, die entweder allein oder im Einvernehmen mit den Paramilitärs agieren, zum anderen die verschiedenen Guerillagruppen – begehen Menschenrechtsverletzungen und Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht. Hierzu zählen Tötungen sowie Verschwindenlassen und Verschleppung, Folter, Vertreibung und Sexualstraftaten. Im Verlauf des Konflikts wurden ungefähr acht Millionen Hektar Land aufgegeben oder illegal vereinnahmt.
Vertreter_innen vertriebener Gemeinden und Menschen, die sich für die Rückgabe vereinnahmter Grundstücke einsetzen, werden immer wieder bedroht oder getötet, vor allem seit Inkrafttreten des Gesetzes über die Landrückgabe und Entschädigung von Opfern (Gesetz 1448), das im Juni 2011 erlassen wurde und Anfang 2012 in Kraft getreten ist. Dieses Gesetz erkennt den bewaffneten Konflikt im Land sowie die Rechte der Opfer dieses Konfliktes an. Es sieht Entschädigungszahlungen für viele Überlebende von Menschenrechtsverletzungen vor, worunter auch Verstöße fallen, die in staatlichem Auftrag handelnde Akteure begangen haben. Zum anderen sollen einige der Vertriebenen ihr Land zurückerhalten. Viele Betroffene des Konflikts werden jedoch von Entschädigungsforderungen ausgenommen, und weite Teile des gestohlenen Landes werden möglicherweise nicht an die rechtmäßigen Eigentümer_innen zurückgegeben. Weitere Informationen zu dem Landrückgabeverfahren und den damit einhergehenden Problemen finden Sie in dem englischsprachigen Bericht A land title is not enough: Ensuring sustainable land restitution in Colombia unter http://www.amnesty.org/en/library/info/AMR23/031/2014/en.
Die kleinbäuerliche Gemeinschaft von El Porvenir versucht, mit Hilfe des Gesetzes 160 von 1994 ihr Land über einen anderen Rechtsweg zurückzugewinnen. INCODER entscheidet über staatlichen Grundbesitz auf Grundlage der Gesetze 1448 und 160. Aus diesem Grund muss INCODER handeln, um es den Menschen aus El Porvenir zu ermöglichen, einen Landtitel zu erhalten. INCODER muss auch sicherstellen, dass es anderen Personen möglich ist, für staatlichen Grundbesitz Landtitel zu erwerben. Obwohl INCODER anerkannt hat, dass das Land illegal zugeteilt wurde, befinden sich die Erb_innen von Víctor Carranza weiterhin auf dem Land der Kleinbauerngemeinde El Porvenir. Fast ein Jahr nachdem man anerkannt hat, dass die Zuteilung des Landes illegal geschehen ist, haben die Behörden El Porvenir noch immer nicht materiell in Besitz genommen. Weitere Informationen zu dem Fall El Porvenir finden Sie in dem englischsprachigen Bericht Powerless: the fight for land in Porvenir unter https://www.amnesty.org/en/latest/campaigns/2015/02/powerless-the-fight-….
PLEASE WRITE IMMEDIATELY
Expressing concern for the safety of Miguel Briceño and other members of the peasant farmer community of El Porvenir, and urging the authorities to provide effective protection for them in accordance with their wishes.
Calling on them to order a full and impartial investigation into threats against Miguel Briceño, publish the results and bring those responsible to justice.
Urging them to take immediate action to effectively implement the INCODER resolution from July 2014.
Urging them to take immediate action to dismantle paramilitary groups and break their links between them and the security forces.
Beteiligen Sie sich direkt online über die Homepage von amnesty international oder verwenden Sie den dort angegebenen Briefvorschlag:
http://www.amnesty.de/urgent-action/ua-082-2015-1/gemeinde-bedroht